Rentnerin tötete Freundin : Knapp sieben Jahre Haft für Tötung mit 26 Messerstichen
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Die Angeklagte Walburga S. am Landgericht Mönchengladbach. Bild: dpa
Anfang Mai erstach Walburga S. ihre Lebenspartnerin Franziska H., weil sie ihr irrtümlich einen Seitensprung unterstellte. Nun fiel das Urteil gegen sie – auf den ersten Blick erscheint es mild.
Es ist eine auf den ersten Blick milde Strafe für eine verstörende Tat: Weil sie Anfang Mai ihre 70 Jahre alte Lebensgefährtin mit 26 Messerstichen umgebracht hat, muss eine 71 Jahre alte Rentnerin aus Mönchengladbach für sechs Jahre und zehn Monate ins Gefängnis. Das Landgericht Mönchengladbach kam am Montag zu dem Schluss, dass Walburga S. ihre Partnerin Franziska H., mit der sie seit 25 Jahren zusammenlebte, am 7. Mai im Affekt tötete.
In der Hauptverhandlung war durch die Aussage von zahlreichen Zeugen aus dem gemeinsamen großen Freundeskreis des Paares deutlich geworden, dass sich Walburga S. in die – aus der Luft gegriffene – Vermutung hineinsteigerte, ihre Partnerin habe eine Beziehung mit einer 20 Jahre jüngeren Frau. Am Tattag soll sich Franziska H. wegen dieser wiederholten Vorhaltungen in der gemeinsamen Küche über Walburga S. lustig gemacht und ihre geraten haben, zum Therapeuten zu gehen. S. griff sich daraufhin ein Filetiermesser und stach in einem für weibliche Täter untypischen Vernichtungsfuror auch noch zu, als ihre Partnerin sich in den Flur flüchten wollte.
Walburga S. war vermindert schuldfähig
Die Staatsanwaltschaft – die Anfang November in ihrem Plädoyer den Vorwurf des Mordes fallengelassen hatte – hatte wegen Totschlags acht Jahre, die Verteidigung höchstens fünf Jahre gefordert. In seiner Urteilsbegründung folgte das Gericht am Montag dem psychiatrischen Gutachter, der zu dem Ergebnis gekommen war, dass Walburga S. zum Zeitpunkt der Tat seelisch angespannt, von Verlustängsten und Depressionen geplagt war und deshalb vermindert schuldfähig ist.
Selbst für ihn nach vier Jahrzehnten Berufserfahrung handle es sich um einen seltenen Fall, hatte der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie nicht nur mit Blick darauf gesagt, dass nur zwölf Prozent aller Tötungsdelikte von Frauen begangen werden. Walburga S. sei zudem als „Altersdelinquentin eine Rarität“; solche Täterinnen seien oft „neurologisch und psychiatrisch auffällig“. Nicht nur die Eifersuchtsregung an sich sei in diesem Alter verwunderlich, sondern dass die Regung zu einem Tötungsdelikt führte. Auffällig in dem Fall ist auch die brutale Art des Tötens mit mindestens zwei Dutzend Messerstichen. Der Gutachter bewertete das als „Overkill“ – in Anlehnung an den Begriff „Übertötung“, den Kriminologen verwenden, wenn dem Opfer deutlich mehr Gewalt angetan wird als eigentlich nötig.
Walburga S. sei erst am 7. Mai zur Täterin geworden. Gleichwohl habe die Tat wie jede Affekttat eine Vorgeschichte. S. habe sich von ihrer Partnerin hintergangen gefühlt und ihr nicht abgenommen, dass sie gar keine Affäre hatte. Laut Gutachter erlebte S. in ihrem Leben zudem drei psycho-traumatische Ereignisse: den bis heute unverarbeiteten Unfalltod ihrer damals 18 Jahre alten Tochter, zehn Jahre später die Diagnose Multiple Sklerose und die Auseinandersetzung mit ihrer sexuellen Orientierung. Walburga S. hatte die Tat am 7. Mai ihrer besten Freundin in einem bis zu diesem Tag unverbindlich-heiter dahinplätschernden Whatsapp-Chat gestanden.