Lydia Benecke glaubt, dass die Grenzen zwischen „gut“ und „böse“ fließend sind. Bild: Marcus Kaufhold
Wie böse sind Frauen?
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Drei Viertel aller Straftaten werden von Männern begangen. Die Psychologin Lydia Benecke glaubt trotzdem nicht, dass Männer einen stärkeren Hang zum Bösen haben als Frauen.
Ein Mittwochnachmittag in einer Ambulanz für Sexualstraftäter im Ruhrgebiet. Der Mann mit dem runden rötlichen Gesicht, der Lydia Benecke gegenüber sitzt, räuspert sich, hustet – und fängt an zu schluchzen. Zwar hat er vor vielen Jahren aufgehört, sich einzureden, dem Jungen habe es doch auch Spaß gemacht. Das Befummeln mit sechs, Oralsex mit neun, dazwischen Toben und Spielen. Doch es ist immer wieder schmerzhaft, es auszusprechen. Auch wenn der Junge sich nie gewehrt habe. „Es war ganz allein meine Schuld“, sagt der Mann und zeigt dabei mit dem Finger auf die eigene Brust. „Ich habe das getan.“ Lydia Benecke, rot gefärbte Haare, schwarze Kleidung, Doc Martens, nickt einfach nur.
Der Mann, der über Jahre ein Kind missbraucht hat, wirkt eigentlich ganz sympathisch. Für seine Therapeutin ist das kein Dilemma. Dass Menschen böse sind, böse geboren oder böse geworden, glaubt die Psychologin ohnehin nicht. Sie haben aber Eigenschaften, die ihnen grausame Taten erleichtern: eigene Missbrauchserfahrungen, mangelnde Empathie, fehlende Impulskontrolle, Narzissmus.
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