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Urteil wegen Polizistenmorden : „Wie eine Hinrichtung“

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K. forderte dann V. auf, der sich während eines Großteils der Schüsse in einem Graben versteckt gehalten hatte, ihm bei der Suche nach den Papieren zu helfen – „sonst leg ich dich daneben“. Als S. auffiel, dass die junge Beamtin noch lebte, schoss er ein zweites Mal auf ihren Kopf. Schließlich traten sie ohne die Papiere die Flucht zurück ins Saarland an, in der Ferne war bereits das Martinshorn der Kollegen zu hören.

Florian V. spricht die Kammer der Beihilfe zu Jagdwilderei in einem besonders schweren Fall schuldig. Weil der Dreiunddreißigjährige nach seiner Festnahme entscheidend zur Aufklärung der Tat beigetragen hat, bleibt er straffrei. An­dreas S. muss lebenslang wegen zweifachen Mordes, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in einem besonders schweren Fall und Jagdwilderei in einem besonders schweren Fall in Haft. Außerdem stellt die Kammer die besondere Schwere der Schuld fest. Eine vorzeitige Entlassung nach 15 Jahren ist damit nahezu ausgeschlossen.

„S. kennt nur die Jagd, die Jagd und noch mal die Jagd“

Der Richter findet deutliche Worte für die Tat. Andreas S. sei bei den Schüssen auf die beiden jungen Menschen genauso vorgegangen wie bei der Jagd auf Wild. Ein Kopfschuss, auch wenn das in Jägerkreisen eigentlich unüblich ist, und ein Fangschuss aus nächster Nähe, falls das Tier noch lebt. „Bei Menschen nennt man das aber nicht Fangschuss, sondern Hinrichtung“, sagt der Richter. „Planvoll und eiskalt“ nennt er das Vorgehen. Als „Jäger“ will er den Angeklagten nicht bezeichnen, das sei despektierlich gegenüber allen anderen Jägern.

Das Motiv sei die Verdunklung der Jagdwilderei gewesen. Andreas S. hatte weder einen gültigen Jagdschein noch eine Waffenerlaubnis. Zwar sei die zu erwartende Strafe vergleichsweise gering gewesen, der Vater von vier Kindern hatte im Prozess gesagt, er hätte sie „mit einer Arschbacke abgesessen“.

Der Richter verweist aber auch auf die persön­liche Bedeutung, die das Jagen für den insolventen Bäcker hatte. Sein Vater hatte ihn vor seinem frühen Tod mit zur Jagd genommen. Ein Freund hatte vor Gericht über ihn gesagt: „S. kennt nur die Jagd, die Jagd und noch mal die Jagd, dann kommt Familie, dann wieder die Jagd.“ Als Wilderer wäre S. in Jäger­kreisen geächtet und „seiner Passion beraubt worden“, so der Richter.

Schließlich richtet der Jurist ein paar persönliche Worte an die Nebenklagevertreter – eine Angehörige von Yasmin B. ist ebenfalls anwesend. „In den letzten zweieinhalb Stunden ging es nur um Andreas S.“, das liege in der Natur von Strafprozessen. „Aber auch Sie haben lebenslänglich.“ Er äußert die Hoffnung, dass die Angehörigen mit dem Urteil anfangen könnten, das Geschehen zu verarbeiten. Ein Anwalt der Familie B. spricht im Anschluss von Erleichterung.

Es ist das Ende eines Prozesses, der deutlich länger ging als zunächst erwartet, und der zahlreiche Besucher anzog. Viele kannten die Opfer gar nicht, sie kamen zunächst aus Neugierde und dann immer wieder: weil der Prozess ihnen so surreal schien, der Angeklagte so gefühlskalt, jeder Verhandlungstag so emotional. „Gerecht“, das Wort ist nach der Verhandlung im Flur des Land­gerichts oft zu hören.

Noch steht aus, ob das Urteil das letzte Wort in dem Fall ist. Es gilt als wahrscheinlich, dass Andreas S. Revision einlegt. Die Worte des Richters hat er fleißig mitgeschrieben, äußerlich ungerührt.

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