Polen : Schwerer Unfall löst Debatte über Alkohol am Steuer aus
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Nach einem Unfall mit sechs Toten diskutiert Polen über den Umgang mit betrunkenen Fahrern.Viele Bürger fordern höhere Strafen für trunkene Unfallverursacher.
Ein betrunkener Autofahrer ist am Neujahrstag im kleinen Ort Kamien Pomorski im Nordwesten Polens in eine Fußgängergruppe gerast und hat sechs Menschen getötet, darunter ein Kind. Die Opfer wurden nach Polizeiangaben mehrere Meter durch die Luft geschleudert. Ein achtjähriger Junge ist noch nicht außer Lebensgefahr. Auch ein zehnjähriges Mädchen wurde schwer verletzt. Die Kinder waren mit ihren Eltern auf dem Gehweg unterwegs, als der Autofahrer aus noch ungeklärter Ursache in die Gruppe fuhr. Die Eltern, der neunjährige Sohn und drei Bekannte der Familie starben.
Die Staatsanwaltschaft beantragte am Donnerstag Haftbefehl gegen den 26-jährigen Fahrer, der nicht nur Alkohol getrunken, sondern der Blutuntersuchung zufolge auch Aufputschmittel genommen hatte. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Stettin sagte, der Mann sei nach den bisherigen Ermittlungen mit einer Geschwindigkeit von etwa 70 Kilometern in der Stunde von der Straße abgekommen. Er habe angegeben, in der Neujahrsnacht bis drei Uhr morgens Alkohol getrunken zu haben.
Der tödliche Unfall in Kamien Pomorski löste in Polen eine Debatte über Strafverschärfungen für Alkohol am Steuer aus. Ministerpräsident Donald Tusk traf sich am Donnerstagnachmittag mit dem Justiz- und dem Innenminister, um das Vorgehen für mehr Sicherheit im Straßenverkehr zu diskutieren. Am kommenden Dienstag will die Regierung ein Paket von Maßnahmen vorstellen, kündigte ein Sprecher der Regierungskanzlei an.
Täter werden oft rückfällig
Innenminister Bartlomiej Sienkiewicz klagte über die Einstellung vieler Polen zu Alkohol am Steuer. „Das Problem mit betrunkenen Autofahrern ist, dass es viel gesellschaftliche Zustimmung zu diesem Verhalten gibt“, sagte er im Rundfunksender TOK FM. Selbst Autofahrer, denen nach einer Alkoholfahrt der Führerschein entzogen werde, würden oft rückfällig. Eine Strafverschärfung hat nach Ansicht des Ministers nur wenig Sinn: „Der Schlüssel ist das Verhalten der Menschen. Verantwortung ist nötig.“
Der 26 Jahre alte Unglücksfahrer, bei dem nach dem Unfall fast zwei Promille Alkohol im Atem gemessen wurden, war für die Polizei kein Unbekannter. Bereits mit 19 Jahren saß er alkoholisiert hinter dem Steuer. 2006 wurde sein Führerschein wegen Trunkenheit am Steuer für ein Jahr eingezogen. Am Donnerstag wurde er von der Polizei zu dem tödlichen Unfall vernommen. Nun drohen ihm bis zu 15 Jahre Gefängnis.