Aktenzeichen XY : Vergewaltigt und ermordet
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Die Joggerin Carolin G. wurde vermutlich am hellichten Tag in den Weinbergen ermordet. Bild: dpa
Zwei ähnliche Kapitalverbrechen erschüttern Freiburg und Umgebung. Opfer sind zwei junge Frauen. „Aktenzeichen XY...ungelöst“ beschäftigt sich mit den Fällen.
Am Ufer der Dreisam in Freiburg haben Trauernde einen Baum mit Blumen und Kerzen zum Gedenken an Maria L. geschmückt. Am 16. Oktober wurde die 19 Jahre alte Medizinstudentin in der Nähe des Schwarzwald-Stadions vergewaltigt und ermordet. Wenige Tage später, am 6. November, wurde die 27 Jahre alte Joggerin Carolin G. in den Weinbergen der Kaiserstuhl-Stadt Endingen ebenfalls vergewaltigt und ermordet. Für Carolin G. stehen Grablichter auf dem Marktplatz in Endingen.
Seitdem haben die Waffengeschäfte in Südbaden regen Zulauf. Immer mehr junge Frauen decken sich mit Pfefferspray ein. Wenn es lebensgefährlich ist, an einem Sonntag durch einen Weinberg in Südbaden zu joggen, dann ist etwas in Unordnung geraten. Die beiden Kapitalverbrechen haben die Region erschüttert. Über einen möglichen Serientäter wird in den sozialen Medien wild spekuliert, auch wenn es dafür bislang keine Anhaltspunkte gibt.
Mord am hellichten Tag
Den Endinger Fall versucht die mit 40 Beamten besetzte Sonderkommission „Erle“ aufzuklären, den Freiburger Fall die Soko „Dreisam“ mit ebenfalls 40 Beamte.
Carolin G. war am 6. November gegen 15 Uhr von ihrem Haus im Kernort Endingen zum Joggen gestartet. Kurz bevor sie loslief, machte sie noch ein Selfie. Sie soll dann in Jogginghose, türkisfarbener Jacke und blauen Laufschuhen in Richtung Bahlingen unterwegs gewesen sein. Erst am 10. November wurde sie in einem Waldstück bei Endingen gefunden. Die Obduktion ergab, dass sie vergewaltigt wurde. Man muss also davon ausgehen, dass der Mord am helllichten Tag in den herbstlichen Weinbergen der beschaulichen Stadt am nördlichen Kaiserstuhl geschah. Carolin G. hatte ein Smartphone bei sich. Dass ein Täter ihren Lauf per App oder Facebook verfolgt hat, ist nicht ausgeschlossen. Die Polizei macht dazu aber keine Angaben.
Wenig Täterwissen preisgeben
Wie im Freiburger Fall - und wie bei fast allen Sexualdelikten - konnten DNA-Spuren des Täters gesichert werden. Beide DNA-Spuren werden im Landeskriminalamt in Stuttgart analysiert. Verbindungen zu anderen Fällen in der Schweiz oder in Überlingen schließt die Polizei aus. Ob es sich in Freiburg und Endingen um den gleichen Täter gehandelt hat, kann erst die vollständige Auswertung des DNA-Materials zeigen.
Die Ermittler wollen möglichst wenig Täterwissen preisgeben. Offenbar war das Vorgehen der Mörder an der Dreisam und auf dem Feldweg in Endingen jedoch so unterschiedlich, dass wenig für einen Serienmörder spricht. „Einen Zusammenhang zwischen beiden Taten sehen wir nicht“, sagt Laura Riske, Sprecherin des Freiburger Polizeipräsidiums. „Wir gehen nicht vom gleichen Täter aus, das liegt auch am Abgleich des Tatverlaufs.“
Auf dem Heimweg von der Uni-Party
Auch der Mord und die Vergewaltigung von Maria L. müssen brutal gewesen sein. Die junge Frau war auf dem beleuchteten Fahrradweg von der „Big Medi-Night“ gekommen, einer Veranstaltung für Medizinstudenten im ersten Semester. Die Studentin wollte vermutlich gegen 2.40 Uhr in ihre Wohnung in den Freiburger Stadtteil Littenweiler fahren. Am Rand des Fahrradwegs muss der Mörder und Vergewaltiger auf die Tochter eines hohen EU-Beamten gewartet haben.
Bei der Sonderkommission sind mehr als 1000 Hinweise eingegangen, 940 Personen wurden vernommen, viele aus dem Freundeskreis. „Einen konkreten Tatverdacht haben wir noch nicht, der Tathergang war eher überfallartig. Man muss ihr aufgelauert haben, wir können aber auch nicht vollständig ausschließen, dass der Täter aus dem persönlichen Umfeld stammt“, sagt Laura Riske. Gesucht wird nach Zeugen, die etwas über das lilafarbene Damenfahrrad des mutmaßlichen Täters sagen können (Marke: Schauff, Shimano Exage 500 CX 21 Gang, Gabel mintgrün, Gepäckträger schwarz, Schutzblech schwarz).