Messerangriff in Lissabon : Täter litt vermutlich unter Psychose
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Polizeibeamte stehen nach dem Messerangriff am Eingang des ismailitisch-muslimischen Zentrums «Centro Ismaelita» in Lissabon. Bild: dpa
Die Messerattacke mit zwei Toten in Lissabon hatte nach Angaben der Polizei keinen terroristischen Hintergrund. Der 29 Jahre alte afghanische Täter scheint traumatisiert gewesen zu sein.
Die Sorge war groß, dass es sich um das erste dschihadistische Attentat in Portugal handeln könnte. Doch die Ermittler in Lissabon haben keine Hinweise gefunden, dass die Bluttat im ismailitischen Zentrum am Dienstag einen politischen oder religiösen Hintergrund hatte. Der 29 Jahre alte afghanische Asylbewerber wird zweier Morde und eines versuchten Mordes beschuldigt. Er hatte am Dienstagvormittag eine 49 Jahre alte Mitarbeiterin des Zentrums und eine 24 Jahre alte Volontärin mit einem Messer getötet und eine weitere Person schwer verletzt. Der Angreifer selbst liegt noch im Krankenhaus, nachdem ihn Polizisten nur mit Schüssen aufhalten und festnehmen konnten.
Man habe keine Anhaltspunkte für eine Radikalisierung des Mannes finden können, der einen westlichen Lebensstil pflegte, teilte der leitende Ermittler Luís Neves am Mittwoch mit. Der Afghane, der 2021 in Portugal einen Asylantrag gestellt hatte, besuchte einen Portugiesischkurs in dem Zentrum der schiitischen Glaubensgemeinschaft. Auch seine drei Kinder hatten dort Hilfe erhalten.
In einem Video hatte er vor einiger Zeit berichtet: Seine Frau starb im griechischen Flüchtlingslager in Moria, bevor Portugal die Familie aufnahm. Dort hatte er offenbar Schwierigkeiten, Fuß zu fassen, er fand keine Arbeit. Fachleute vermuten, dass der Mann traumatisiert war und unter einer Psychose litt, als er während einer Portugiesisch-Klasse ein großes Messer zückte.
Andere Schüler berichteten, dass er erst damit gedroht habe, den Lehrer zu erstechen und dann sich selbst zu töten. Auf seinem Weg aus dem Unterrichtsraum kam es zu den tödlichen Attacken, bevor die Polizei schnell eingriff. Die islamitische Gemeinde in Lissabon ist sehr aktiv in der Flüchtlingsarbeit. Ein großer Teil der etwa 9000 Ismailiten in Portugal stammt aus der früheren Kolonie Mosambik. Agha Khan, der spirituelle Führer der Ismailiten, hatte 2019 die portugiesische Staatsangehörigkeit erhalten. Seine Stiftung, die Entwicklungsprojekte in mehr als 20 Ländern fördert, hat auch eine Niederlassung in dem Zentrum, in dem es am Dienstag zu dem Angriff gekommen war.