Marcel H. : Er wollte jemanden sterben sehen
- -Aktualisiert am
Marcel H. ist vor Gericht geständig. Bild: dpa
Zum Prozessauftakt am Freitag hat Marcel H. die Morde an dem neun Jahre alten Jaden und einem Schulkameraden gestanden. Doch warum wurde der 19-Jährige zum Mörder?
Als die Justizwachtmeister Marcel H. am Freitagmorgen in Saal C240 des Landgerichts Bochum führen, wird es auf der Besuchertribüne mucksmäuschenstill. Jede noch so kleine Regung des blassen, hageren jungen Mannes, des „Monsters von Herne“, wie manche Medien ihn nennen, versuchen die Zuschauer zu verfolgen. Aber der 19 Jahre alte H. lauscht nur seinem Verteidiger Michael Emde, der ihm noch einige Hinweise gibt. Nichts verrät dabei das Gesicht des jungen Mannes. Trotzdem machen die Fotografen Bilder, und auch mehrere Fernsehteams filmen die nichtssagende Szene mit großer Ausdauer. Der Medienauflauf scheint Marcel H. nicht aus der Ruhe zu bringen und auch nicht, dass sich das „Schaulaufen“, wie ein Gerichtssprecher die Szene nennt, sich selbst dann noch lange hinzieht, als die Mitglieder der Kammer den Raum betreten haben. Denn der Vorsitzende Richter lässt die Medienleute gewähren, solange es ihnen beliebt. Also entstehen Minute um Minute neue, immer gleiche Bilder von einem Marcel H., der ohne sich zu rühren, neben seinem Verteidiger steht.
Marcel H. muss sich wegen einer Folge furchtbarer Verbrechen verantworten. Er hat gestanden, Anfang März innerhalb weniger Stunden zwei Menschen auf heimtückische, bestialische Weise ermordet und in der Wohnung seines zweiten Opfers einen Brand gelegt zu haben. Sein erstes Opfer, den neun Jahre alten Jaden, lockte H. in den Keller eines Hauses, aus dem seine Eltern ein paar Tage zuvor ausgezogen waren, in das er am 6. März aber noch einmal zurückgekehrt war. Angeblich wollte sich Marcel H. das Leben nehmen, weil die Bundeswehr ihn kurz zuvor als Zeitsoldat abgelehnt hatte. Mehrere Suizidversuche seien an jenem 6. März gescheitert, gab H. in der Vernehmung nach seiner Festnahme zu Protokoll. Zuletzt will H. einen Holzkohlegrill angezündet haben, um sich durch eine Kohlendioxid-Vergiftung zu töten. Aber auch das soll nicht funktioniert haben. Einem Chatpartner, mit dem Marcel H. in jenen Stunden über Whatsapp in Kontakt stand, teilte er dann mit, dass er entschlossen sei, stattdessen nun „etwas Knastwürdiges“ machen zu wollen.
Einem Chatpartner erzählt er von dem Mord
Also läutete er bei den Nachbarn und bat Jaden, ihm beim Aufstellen einer Leiter zu helfen. Im Keller griff Marcel H. dann das arg- und wehrlose Kind mit einem Klappmesser an. 52 Mal stach er auf Jaden ein. „Er handelte heimtückisch und aus Mordlust“, heißt es in der Anklageschrift, die Staatsanwalt Danyal Maibaum verliest. „Es ging ihm darum, einen Menschen sterben zu sehen.“ Als das erledigt war, wandte sich H. wieder an seinen Whatsapp-Partner, schickte ihm Bilder von sich, seiner blutverschmierten Hand und vom leblosen Jaden. Auch eine Sprachnachricht ließ er seinem Chatpartner zukommen: „Ich hab grad den Nachbarn umgebracht, fühlt sich ehrlich gesagt gar nicht so besonders an.“ Der Whatsapp-Partner informierte nicht nur die Polizei, sondern veröffentlichte den Chatverlauf und die Tonbotschaften kurz nach dem Mord an Jaden auf der Internetplattform „4Chan“. Von da an verfolgten zahlreiche Nutzer von „4Chan“ das Geschehen beinahe in Echtzeit im Internet. Und als H. sich später immer wieder selbst auf der Plattform meldete, feierten ihn manche Nutzer, forderten neues Material. Tatsächlich lieferte H. dann nur wenige Stunden später neue Bilder, manche waren gruselige Fotos des Opfers, aber auch ein Selfie stellte Marcel H. ins Netz.