Coronavirus in Italien : Warnung vor Erstarken von Mafia-Clans
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Carabinieri im Jahr 2017 in Neapel nach einer Schießerei, in der die dortige Mafia involviert war. Bild: dpa
Die Mafia in Italien verteilt Grundnahrungsmittel an bedürftige Familien und leiht Darlehen an Kleinunternehmer. Während die Politik nicht mit den Soforthilfen hinterher kommt, könnten Mafia-Clans von der Pandemie profitieren.
Die italienische Innenministerin Luciana Lamorgese hat in einem Rundschreiben an die Präfekten in den Regionen und Provinzen des Landes vor einem Wiedererstarken der organisierten Kriminalität sowie vor sozialen Unruhen gewarnt, die von extremistischen Gruppen instrumentalisiert werden könnten.
In dem Schreiben, dessen Inhalt an Karsamstag bekannt wurde, heißt es, die anhaltenden Zahlungsschwierigkeiten von Kleinunternehmern sowie die wachsende Armut bei prekär Beschäftigten wegen der Beschränkungen im Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie könnten von Mafia-Clans ausgenutzt und von politischen Extremisten instrumentalisiert werden. Deshalb müssten die Sicherheitskräfte vor allem im Süden des Landes verhindern, dass sich örtliche Clans die Zahlungsnot von Geschäftsleuten und die wachsende Verzweiflung der Bevölkerung zunutze machten.
Aus der Region Kampanien, zumal aus der Hauptstadt Neapel, sowie aus dem Stadtviertel Zen im Norden Palermos auf Sizilien wird seit Tagen berichtet, dass Camorra und Cosa Nostra Grundnahrungsmittel wie Brot und Teigwaren an besonders bedürftige Familien verteilen lassen. Die von der Regierung versprochenen Lebensmittelgutscheine sind vielerorts noch immer nicht angekommen. An zahlungsunfähige Kleinunternehmer und Händler, die seit Wochen kein Einkommen mehr haben, verleihen die Clans Geld, um sich wirtschaftlichen Einfluss zu erkaufen oder später Wucherzinsen zu verlangen.
Langsame Mühlen der Bürokratie
In einem Dokument, das Interpol an die 194 Mitgliedstaaten der Polizeiorganisation hat verteilen lassen, beklagte auch der italienische Polizeichef Franco Gabrielli jüngst, dass kriminelle Organisationen schon jetzt große Profite inmitten der Krise erzielten. Die Clans hätten seit langem in Wirtschaftsbereiche investiert, die von den gegenwärtigen Beschränkungen nicht betroffen seien, weil sie als lebenswichtig für die Gesellschaft gelten. Dazu zählten die Landwirtschaft, der Warentransport auf der Straße, die Belieferung von Apotheken und Kliniken, die Müllabfuhr und die Abfallentsorgung sowie Bestattungen.
Fachleute äußern die Befürchtung, dass die Warnungen von Polizei und Regierung zu spät kommen. Entgegen dem Versprechen der Regierung in Rom, Kleinunternehmern und Bedürftigen werde sofort geholfen, stecken die zugesicherten Milliardenhilfen noch in der ineffizienten Verwaltung und in der aufgeblähten Bürokratie des Landes fest.