Hessische Landesregierung : Höhere Strafen für Geldautomatensprenger gefordert
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Vergangene Woche: Gesprengter Geldautomat in Oststeinbek, Schleswig-Holstein Bild: dpa
Die Zahl der Automatensprengungen in Deutschland steigt immer weiter, 2022 gab es einen neuen Rekord. Der hessische Justiz- und der Innenminister fordern deshalb, die Strafbarkeit neu zu regeln.
Der hessische Justizminister Roman Poseck und der hessische Innenminister Peter Beuth fordern, die Strafbarkeit von Geldautomatensprengungen in Deutschland neu zu regeln und die Mindeststrafe anzuheben. Bislang würden regelmäßig nur Straftatbestände mit einer Mindeststrafe von einem Jahr erfüllt, teilten die beiden Unionspolitiker am Montag in Wiesbaden mit. „Dies ist aus unserer Sicht mit Blick auf die Gefährlichkeit der Taten, die von immer skrupelloseren Tätern begangen werden, nicht mehr angemessen.“ Automatensprengungen seien an die Stelle des bewaffneten Bankraubs getreten, für den Tätern regelmäßig eine Mindeststrafe von fünf Jahren drohe.
Bislang gibt es im Strafgesetzbuch keinen eigenen Tatbestand für Automatensprengungen. Die Taten werden in der Regel als „Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion“ in Tateinheit mit Diebstahl geahndet. Kommen Personen zu Schaden oder werden Unbeteiligte gefährdet, kann das strafverschärfend wirken. So verurteilte etwa das Landgericht Osnabrück im vergangenen Jahr zwei Niederländer wegen einer Serie von Automatensprengungen zu gut drei beziehungsweise gut sieben Jahren Haft. Nach der Sprengung in einer Bankfiliale im niedersächsischen Schüttorf war im Erdgeschoss eines mehrstöckigen Hauses ein Feuer ausgebrochen. In einer Wohnung darüber wurde eine Familie von den Flammen und dem Rauch eingesperrt. Sie überlebten nur, weil die Feuerwehr sie mit einer Drehleiter in Sicherheit bringen konnte. Auch ein Ehepaar im Nachbargebäude musste gerettet werden.
„Geldautomatensprengungen treffen unsere Bürgerinnen und Bürger dort, wo sie sich am sichersten fühlen, nämlich in ihrer Nachbarschaft, mitten in den Gemeinden. Dort hinterlassen sie nicht nur Sachschäden in großem Ausmaß, sondern gleichzeitig Angst und Verunsicherung“, ließ sich Hessens Justizminister Poseck nun in der Mitteilung zitieren. „Um noch Schlimmeres zu verhindern, muss etwas geschehen.“
Die beiden Minister aus Hessen werfen Bundesinnenministerin Nancy Faeser (die bei der hessischen Landtagswahl im Herbst für die SPD gegen Ministerpräsident Boris Rhein von der CDU antreten wird) vor, „dem Treiben der quer durch Deutschland reisenden Täter und den Bemühungen der Länder“ bislang nur zugesehen zu haben. Dabei seien bundesweite Maßnahmen dringend notwendig, darunter eben auch die Anpassung des Strafrechts.
Im vergangenen Jahr waren in Deutschland so viele Geldautomaten gesprengt worden wie nie zuvor. Die Polizei zählte insgesamt 496 versuchte und vollendete Sprengungen. Das war ein Plus von 27 Prozent im Vergleich zu 2021 mit 392 Fällen. Der bisherige Höchststand war 2020 mit 414 Fällen verzeichnet worden. Die Zahlen für 2023 lassen laut dem hessischen Innenministerium erwarten, dass auch dieses Jahr ein neuer Rekord erzielt werden könnte.
Ein Großteil der Sprengungen in Deutschland geht auf das Konto von kriminellen Netzwerken aus den Niederlanden, die Schätzungen reichen von 60 bis mehr als 80 Prozent der Fälle. Statt wie vor ein paar Jahren mit Gasgemischen zu hantieren, nutzen die niederländischen Täter nun vorwiegend Festsprengstoffe – meist aus illegalen Cobra-Böllern. Erst im vergangenen Herbst wurden bei Razzien gegen ein Netzwerk, das illegale Feuerwerkskörper aus China in die Niederlande geschmuggelt hatte, 350 Tonnen Pyrotechnik beschlagnahmt. Die Schäden an Bankfilialen und anderen Gebäuden, in denen Automaten stehen, werden so immer größer. Und auch die Gefahr für Anwohner und Passanten hat stark zugenommen.
In den Niederlanden ist die Zahl der Geldautomatensprengungen in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen. 2013 waren es noch 129 Fälle, im vergangenen Jahr gerade einmal 15. Als effektiv im Kampf gegen das Phänomen haben sich Systeme erwiesen, die die Scheine in den Geldkassetten nach einer Sprengung unbrauchbar machen, etwa durch Farbe, insbesondere aber durch Kleber.