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Diren Dede : Amerika war sein Traum

  • -Aktualisiert am

Anteilnahme in Schwarz-Rot-Gold: der Tatort, die Garage in Missoula, gesehen vom Haus gegenüber Bild: Christiane Heil

Der Aufenthalt in Montana sollte ein weiterer Baustein in seiner Aufsteigergeschichte werden – doch dann wurde Diren Dede in einer Garage erschossen. In Hamburg trauern die Angehörigen um einen jungen Mann, der vielen als Vorbild galt.

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          Am Ende brennen noch mehr Kerzen als erwartet. Während der Leichnam von Diren Dede auf dem Weg von Missoula nach Hamburg ist, versammeln sich auf dem Fußballfeld der Big Sky Highschool am Freitag fast 500 Menschen, um ihn bei einer Mahnwache zu verabschieden. Die meisten Mitschüler liegen einander weinend in den Armen, einige teilen Erinnerungen an den 17 Jahre alten Austauschschüler, der am vergangenen Sonntag von einem Nachbarn seiner Gasteltern erschossen wurde. „Diren hat Amerika genossen, er ist hier aufgeblüht“, erzählt Schülerin Marlena. Sie schwärmt von der Fußballleidenschaft des Hamburgers und seinen Versuchen, Spanisch zu lernen. Mit der Hand umklammert sie dabei fest das Handy, dessen Display Diren neben ihr zeigt, lachend in grünweißen Schwimmshorts mit hawaiianischem Blumendruck.

          „Wir hatten viel Spaß zusammen, aber auch ernste Gespräche“, erinnert sich die Elftklässlerin. Ihre Mutter Marianne Jones, die vor 19 Jahren aus Bayern nach Montana zog und einen Indianer heiratete, erzählt von gemeinsamen Abendessen, bei denen auch über Rassismus debattiert wurde. „Zu Beginn des Schuljahres sind Diren die Ausgrenzungen kaum aufgefallen. Vor einigen Wochen hat er verstanden, auch die amerikanischen Signale zu lesen. Vielleicht war er als Deutscher mit türkischen Wurzeln empfänglicher als andere“, meint Jones über den Jungen, der sich hier nicht als Fremder fühlte, sondern vollkommen zugehörig. Wie ihre Tochter kämpft sie mit den Tränen, als die Umstehenden bei Sonnenuntergang still die mitgebrachten Kerzen anzünden.

          „Wir haben alle viele Fragen“, mahnt derweil Jay Bostrum, der Fußballtrainer des beliebten Schülers. „Lasst uns die Ermittlungen der Polizei trotzdem rational verfolgen!“ Direns Mannschaftskameraden hatten stumm Plakate hochgehalten, auf denen sie die Abschaffung des umfänglichen Selbstverteidigungsrechts in Montana fordern. Der Hausbesitzer, in dessen Garage der Hamburger starb, hatte sich nach den tödlichen Schüssen darauf berufen. „Es ist unvorstellbar, dass so etwas in Missoula passieren kann“, sagt ein Jugendlicher weinend. „Ich kann Diren daher einfach nicht loslassen.“

          Hunderte sind gekommen, um in Hamburg-Altona Abschied von Diren Dede zu nehmen
          Hunderte sind gekommen, um in Hamburg-Altona Abschied von Diren Dede zu nehmen : Bild: dpa

          Hunderte kommen am Sonntag darauf vor eine Moschee in Hamburg-Altona zur Trauerfeier: die Eltern und Schwestern von Diren,
          Verwandte, Freunde, Lehrer und Mitspieler aus dem Fußballverein.
          Manche tragen ein Foto von Diren mit sich, versunken in stiller Trauer stehen sie vor dem Sarg, der mit einen grün-gelben Tuch bedeckt ist. Noch am Abend wird der Sarg in die Türkei überführt, wo Diren an diesem Montag bestattet werden soll.

          Kate Walker und Randy Smith haben die Flugtickets schon gebucht, um an der Beisetzung ihres Gastsohnes Diren an der türkischen Ägäis teilnehmen zu können. Aber er ist auch in ihrem Haus am Grant Creek weiter präsent. „Wenn Diren jetzt hier wäre, würde er dort auf der Liege sitzen und mit mir über Gott und die Welt diskutieren“, sagt Smith mit Tränen in den Augen. „Er war so begeisterungsfähig und energiegeladen. Es gab nichts, was er nicht ausprobieren wollte.“

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