https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/cold-case-in-montreal-nach-fast-50-jahren-geloest-18919071.html

Cold Case in Kanada : „Zu wissen, dass ihr Mörder nicht weiter töten kann, hilft abzuschließen“

  • -Aktualisiert am

Yvonne Prior (M) mit ihren Töchtern Moreen (l) und Doreen, als die Polizei die Identität des Mörders ihrer Tochter Sharron bestätigt. Bild: Picture Alliance

Vor fast 50 Jahren wurde eine 16-Jährige in Montreal vergewaltigt und ermordet. Nun konnte der Täter ermittelt werden – durch einen DNA-Abgleich mit einer Website für Ahnenforschung. Er war bereits 1982 gestorben.

          2 Min.

          Als sich Sharron Prior vor fast 50 Jahren am Abend vor Ostern von ihrer Mutter verabschiedete, versprach sie, ein paar Stunden später wieder nach Hause zu kommen.

          Wie an früheren Wochenenden hatte sich die kanadische Schülerin in Point-Saint-Charles, einem Viertel von Montreal, mit Freunden in der Pizzeria „Marina’s“ verabredet. In dem nur wenige Straßenzüge entfernten Restaurant kam die 16-Jährige aber nicht an.

          Drei Tage nach Priors Verschwinden Ende März 1975 wurde ihr Leichnam auf einem Feld im benachbarten Longueuil gefunden – mit entblößtem Unterkörper, gefesselt und blutverschmiert. Ihre Unterwäsche hatte der Mörder in einem Baum drapiert. Bevor er die Jugendliche erwürgte, hatte er sie vergewaltigt und ihr den Schädel eingeschlagen.

          Mehr als 100 Verdächtige

          Nach jahrzehntelangen Ermittlungen gegen mehr als 100 Verdächtige hat die kanadische Justiz die Causa Prior, einen der aufsehenerregendsten Mordfälle des Landes, jetzt aufgeklärt. Bei einer Pressekonferenz identifizierten die Ermittler am Dienstag den Amerikaner Franklin Romine als Täter.

          Die ermordete Sharron Prior (links) auf einem Plakat bei der Pressekonferenz. Ihr Mörder Franklin Romine (rechts) starb 1982.
          Die ermordete Sharron Prior (links) auf einem Plakat bei der Pressekonferenz. Ihr Mörder Franklin Romine (rechts) starb 1982. : Bild: Picture Alliance

          Wie die Beamten der Cold-Case-Einheit in Longueuil berichteten, waren sie dem Gewaltverbrecher durch den Abgleich von genetischem Material, das sie an einem blauen T-Shirt und Kleidungsstücken des Mädchens gefunden hatten, mit DNA auf Websites zur Ahnenforschung auf die Spur gekommen. „Auf diese Weise stießen die Ermittler auf den Namen Romine und begannen, die Polizeiakten zu durchforsten“, sagte der Staatsanwalt Mark Sorsaia, der die Nachforschungen im amerikanischen Bezirk Putnam (West Virginia), der Heimat des Mörders, unterstützte.

          Bei den Recherchen stellte sich heraus, dass Romine in den Siebzigerjahren zwischen Kanada und den Vereinigten Staaten gependelt war, um nach Vergewaltigungen und anderen Gewaltverbrechen nicht aufzufallen. Nach seinem rätselhaften Tod im Jahr 1982 war der Straftäter im Bezirk Putnam beigesetzt worden. Um sicher zu gehen, nach fast 50 Jahren „Sharrons“ Mörder enttarnt zu haben, ließen die Staatsanwaltschaften in Montreal und Putnam Romines Leichnam vor drei Wochen exhumieren.

          „Der Vergleich seines DNA-Profils mit dem der Kleidungsstücke ergab eine 140 Millionen Mal höhere Wahrscheinlichkeit, dass das genetische Material von ihm stammte, als von jedem anderen Mann mit weißer Hautfarbe“, teilten die Ermittler mit. Priors Angehörige, unter ihnen ihre 85 Jahre alte Mutter Yvonne, hatten in den vergangenen fast 50 Jahren immer wieder auf Ermittlungen gedrängt. „Die Aufklärung des Falles bringt uns Sharron nicht zurück“, sagte Doreen Prior, eine Schwester der Schülerin, am Dienstag. „Aber zu wissen, dass ihr Mörder nicht länger lebt und weiter töten kann, hilft uns, mit dem Verbrechen abzuschließen.“

          Topmeldungen

          Jane Fonda (links) applaudiert der Regisseurin Justine Triet, die die Goldene Palme in Cannes erhielt.

          Filmfestival Cannes : Justine Triet gewinnt die Goldene Palme

          Das Filmfestival in Cannes hat zum dritten Mal in seiner Geschichte eine Regisseurin mit der Goldenen Palme ausgezeichnet – Justine Triet erhielt den Hauptpreis der Jury für den Thriller „Anatomy of a Fall“.
          Russlands Präsident Putin mit Aserbaidschans Präsident Alijew (links) und Armeniens Ministerpräsident Paschinjan (rechts) am 25. Mai in Moskau

          Südkaukasuskonflikt : Armenien am Scheideweg

          Unter Druck ist Armenien zu Zugeständnissen gegenüber Aserbaidschan im Konflikt um Nagornyj Karabach bereit. Verhandelt wird an verschiedenen Schauplätzen und mit verschiedenen Vermittlern in Ost und West.

          Newsletter

          Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Sie können bis zu 5 Newsletter gleichzeitig auswählen Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
          Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.