Bushido vs. Arafat Abou-Chaker : „Ich war auf dem Beifahrersitz ganz eingeschüchtert“
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Rapper Bushido im Gericht in Berlin Bild: dpa
Die Geschäftsbeziehung zwischen Arafat Abou-Chaker und Bushido ist gegen den Willen Bushidos zustande gekommen – so stellt es der Rapper nun zumindest vor Gericht dar. Der Clanchef habe ihn unter Druck gesetzt.
Am Montagnachmittag platzt im Kriminalgericht Berlin ein Mythos: Offenbar ist die rund 15 Jahre währende Geschäftsbeziehung zwischen Arafat Abou-Chaker und Bushido gegen den Willen des Rappers zustande gekommen. Das jedenfalls sagt Bushido in seiner Befragung als Zeuge. Schon bei der vierten Begegnung der beiden Männer im Sommer 2004 habe der Clanchef ihn unter Druck gesetzt, ihn an allen seinen künftigen Einnahmen zu beteiligen.
Es ist schon Nachmittag nach einem von juristischem Gezerre um weitere Akteneinsicht und Warterei geprägten Verhandlungstag, und im Hochsicherheitssaal 500 ist es mucksmäuschenstill. Erstaunt fragt der Vorsitzende Richter nach: In der Öffentlichkeit habe die Kooperation zwischen dem Musiker und Abou-Chaker immer wie eine „dicke Freundschaft“ ausgesehen, „das passt nicht in mein Bild“. Der Rapper gibt ihm recht. Er erklärt, bis zu seinen polizeilichen Vernehmungen im vergangenen Jahr habe er nicht mal seiner Frau und seinem Anwalt erzählt, wie es zu der langjährigen Partnerschaft gekommen sei: Abou-Chaker habe 30 Prozent der Einnahmen erhalten, vor Steuern, Bushido aber den gesamten Betrag versteuert. „So lief das“, sagt Bushido. Und bekräftigt: „Ich wurde gezwungen, diese 30 Prozent abzugeben.“
Arafat Abou-Chaker und drei seiner Brüder müssen sich unter anderem wegen räuberischer Erpressung, Freiheitsberaubung und gefährlicher Körperverletzung verantworten. Zu den Taten soll es gekommen sein, als Bushido sich im Winter 2017/2018 aus der Geschäftsbeziehung lösen wollte. Am vierten Verhandlungstag geht es nun darum, wie der Kontakt zwischen den langjährigen Partnern zustande kam. Bushido erzählt, er habe sich mit seinem damaligen Label „Aggro Berlin“ überworfen und den Künstlervertrag auflösen wollen, über die Konditionen habe es aber auch unter Hinzuziehung von Anwälten keine Einigung gegeben. Also habe er, wie es damals gang und gäbe gewesen und auch heute noch üblich sei, über eine „zweite parallele Ebene“ versucht, seine Interessen durchzusetzen.
„Rowdy-Verhalten“ und „Respekt“
Zunächst habe er ein paar „Jungs aus Schöneberg“ gebeten, einen Aufhebungsvertrag für ihn zu erwirken – auch das ohne Erfolg. Daraufhin habe ihm ein musikverrückter Bekannter angeboten, ihn mit seinem Cousin Arafat Abou-Chaker bekannt zu machen. Der Name sei ihm damals kein Begriff gewesen, lediglich mit einem anderen Abou-Chaker-Bruder habe er „Rowdy-Verhalten“ und „Respekt“ verbunden.
Das Kennenlernen der beiden Männer schildert Bushido in vier Etappen. Bei einem ersten Treffen nachts auf dem Vorplatz vor einer Disko habe Abou-Chaker auf ihn „relativ düster, relativ unnahbar“ gewirkt. Er habe seinen Kiefer zwischen Daumen und Zeigefinger genommen und zur Seite gedreht, um sich mit offenkundigem Missfallen seine Tätowierung am Hals – ein stilisiertes B – anzuschauen. Zu einem zweiten Treffen, bei dem der Musiker dann seine vertraglichen Schwierigkeiten erläutert habe, sei es kurz darauf im Café von Abou-Chakers älterem Bruder Nasser gekommen.
Bei der dritten Begegnung sind Abou-Chaker und Bushido nach Aussage des Rappers zu zweit ins Büro des Labels „Aggro-Berlin“ gefahren. Bushido schildert, wie Abou-Chaker alle drei Betreiber nacheinander dazu gebracht habe, einen handschriftlich aufgesetzten Auflösungsvertrag zu unterzeichnen – auch gegen anfänglichen Widerstand. Dazu sei er laut geworden, habe einem der Betreiber eine Ohrfeige verpasst und einen weiteren Mann mit Drohungen zum Verlassen des Raums genötigt. Vor allem jedoch beschreibt der Rapper, wie Abou-Chaker offenbar allein durch seine Präsenz und seine Kommandos Druck aufzubauen wusste.
Das vierte Treffen, das die langjährige Geschäftsbeziehung der beiden Männer einleitete, habe schließlich in Abou-Chakers silbernem Audi Kombi stattgefunden. Beiden sei klar gewesen, dass Abou-Chaker für seine Unterstützung entlohnt werden müsse. Weil Bushido einen Vertrag mit Universal über 50.000 Euro in Aussicht gehabt habe, habe er Abou-Chaker 20.000 Euro angeboten. Daraufhin sei Abou-Chaker „tierisch ausgerastet“, er habe das Angebot als Frechheit bezeichnet und eine langfristige Beteiligung gefordert. „Ich war auf dem Beifahrersitz ganz eingeschüchtert“, so Bushido. „Aus der Not heraus“ habe er ihm zunächst eine Beteiligung von 20 Prozent vorgeschlagen. „Dann ist die nächste Bombe explodiert.“ Arafat habe sich empört, ihm stehe die Hälfte der Einnahmen zu, ausnahmsweise würde er sich mit 30 Prozent als unterster Grenze zufrieden geben. Bushido macht eine Pause. „Okay“, habe er daraufhin gesagt: „Dann kriegst du ab jetzt 30 Prozent von allem, was ich jemals verdienen werde.“