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Prozess gegen Abou-Chaker : „Sie hat Dich an der Leine wie einen Hund“

  • -Aktualisiert am

Redet seit Monaten vor Gericht: Rapper Bushido Bild: dpa

Beleidigung am Gartenzaun: Im Prozess gegen Arafat Abou-Chaker berichtet Bushido vom Streit mit dem Clanchef. Banaler und biederer könnte es kaum sein.

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          „Jetzt wird es halt ziemlich absurd“, sagt Bushido, bevor er von einem Streit erzählt, der endgültig das Ende der Geschäftspartnerschaft zwischen ihm und Arafat Abou-Chaker eingeleitet haben soll. Es ist Mittwochvormittag, im Strafprozess vor dem Landgericht Berlin wird nach zweiwöchiger Pause die Vernehmung des Rappers fortgesetzt, der zwischenzeitlich an Corona erkrankt war. Eben noch hat der 42 Jahre alte Bushido von dem bisweilen freundschaftlichen Verhältnis zwischen ihm und dem Angeklagten berichtet, von gemeinsamen Familienurlauben und Arafat Abou-Chaker als „Vertrauensperson“, an den man sich bei Beziehungsproblemen gewandt habe.

          Julia Schaaf
          Redakteurin im Ressort „Leben“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

          Jetzt schildert er eine Begegnung im August 2017 zwischen ihm, seiner Ehefrau Anna-Maria Ferchichi und dem Clanchef auf dem gemeinsamen Grundstück in Kleinmachnow. Banaler und biederer könnte es kaum sein: In einem Strafprozess, der mit den Aufregerthemen Clankriminalität und Gangsterrap verknüpft ist und in dessen Hintergrund zivilrechtlich um Millionen gekämpft wird, geht es plötzlich um einen Nachbarschaftskonflikt über den Verlauf eines Gartenzauns.

          Abou-Chaker und drei seiner Brüder müssen sich seit Mitte August vor dem Landgericht verantworten, weil sie Bushido im Zuge der Auflösung der Geschäftsbeziehungen im Winter 2017/2018 beleidigt, bedroht, eingesperrt und angegriffen haben sollen. Diese Taten waren bisher aber noch gar nicht Thema der Beweisaufnahme. Stattdessen hat der Rapper, der mit bürgerlichem Namen Anis Ferchichi heißt, als Hauptbelastungszeuge an vielen Verhandlungstagen ausführlich die Vorgeschichte und die wechselvolle Beziehung der beiden Männer geschildert.

          „Wie in so einem Sandwich“

          Auf dem 16.000-Quadratmeter-Grundstück in Kleinmachnow, das man 2011 gemeinsam erworben hatte, wohnten schon Arafat Abou-Chaker und dessen Bruder mit Familie. Nun hätte 2017 auch Bushido einziehen wollen. Weil sein Haus sich allerdings zwischen den Gebäuden der Abou-Chakers befand, habe er es einzäunen wollen – der Kinder und des Hundes wegen, wie er vor Gericht sagt. „Wie in so einem Sandwich waren wir halt der Belag, und die Brotscheiben waren neben uns.“ Während er nun eines Morgens vor Ort mit seiner Frau über den möglichen Verlauf des Zauns diskutierte, sei Arafat Abou-Chaker hinzugekommen, „ganz leger“, in Schlappen und Jogginghose, die Kaffeetasse in der Hand. Schnell sei das Gespräch eskaliert.

          Dabei war der Zaun nach Bushidos Angaben nur der Auslöser. Zunächst gab es wohl unterschiedliche Vorstellungen davon, auf welcher Seite eines Baumes die Abtrennung verlaufen solle. Dann ging es darum, wer überhaupt das Recht habe, darüber zu entscheiden, wobei Abou-Chaker seine Missachtung für Frauen im Allgemeinen und Anna-Maria Ferchichi im Besonderen mehr als deutlich gemacht habe. „Mach mal Deine Augen zu, und dann siehst Du, was Dir gehört. Dir gehört gar nichts“, habe Abou-Chaker zu Ferchichi gesagt, schließlich sei das Grundstück offiziell Eigentum von ihm und Bushido.

          Seine Frau habe jedoch mit Blick auf das teure Anwesen gekontert: „Mach du mal Deine Augen zu. Dieses ganze Geld, was hier drin steckt, hat mein Mann verdient.“ Daraufhin, sagt Bushido, hätten die beiden einander beleidigt und beschimpft, bis Abou-Chaker sich an ihn gewandt habe: „Sag Deiner Frau, sie soll nicht so mit mir reden.“ Woraufhin Bushido tatsächlich seine Frau zum Gehen überredet habe in der Hoffnung, sich mit Abou-Chaker allein gesittet auseinandersetzen zu können.

          „Wegen Dir sind ihr Eier gewachsen“

          Unterdessen jedoch habe Abou-Chaker auch ihn beschimpft unter anderem als „Hund“, der sich von seiner Frau Gassi führen lasse. Bushido sei viel zu nett zu seiner Frau. „Wegen Dir sind ihr Eier gewachsen“, habe Abou-Chaker gesagt, und: „Mit ’ner Hundeleine hat sie Dich angeleint.“

          Woraufhin auch der – nach eigener Schilderung bisher besonnene – Bushido sich aufgeregt haben will darüber, dass Abou-Chaker ihn nur noch herumkommandiere: „Wann hast du das letzte Mal bei mir angerufen, einfach nur um zu fragen, wie es mir geht?“ Im Verlauf des Streits schließlich habe Abou-Chaker von sich aus die Geschäftspartnerschaft für beendet erklärt: „Ich will nicht mehr mit dir zusammenarbeiten.“

          Bushido erzählt, er sei sehr überrascht gewesen, habe aber bei sich gedacht: „Jackpot. Ich kann mein Glück kaum fassen.“ Als Abou-Chaker ihn jedoch noch am gleichen Nachmittag zu Auflösungsgesprächen in sein Büro bestellte, sei davon schon keine Rede mehr gewesen. Und bevor Arafat Abou-Chaker am nächsten Tag zu einer dreiwöchigen Pilgerreise nach Mekka aufbrach, habe er Bushido zum Abschied umarmt und gesagt: „Egal jetzt. Schwamm drüber. Wir machen weiter. Ich habe das nicht so gemeint.“

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