Bluttat in Reutlingen : Täter und Opfer waren ein Paar
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Polizisten nehmen am 24. Juli in Reutlingen (Baden-Württemberg) einen am Boden liegenden syrischen Asylbewerber fest, der zuvor eine Frau aus Polen mit einem Dönermesser getötet haben soll. Bild: dpa
Es ist eine Gewalttat, die am Sonntag die Bürger in Reutlingen schockiert hat. Nun werden weitere Einzelheiten über den syrischen Flüchtling bekannt, der eine Frau aus Polen mit einem Dönermesser tödlich verletzte.
Der 21 Jahre alte syrische Staatsbürger, der am Sonntagnachmittag eine 45 Jahre alte Polin in Reutlingen mit einem Döner-Messer getötet hat, war der Stadt Reutlingen und den Sozialarbeitern schon lange als „sozial unverträglich“ bekannt. Der anerkannte Asylbewerber kam vor einem Jahr aus Bayern, als die Wohnsitzauflage noch nicht galt, er meldete sich in Reutlingen aber nicht an.
Zunächst wohnte er in einer Unterkunft im Stadtteil Ohmenhausen, dort fiel er unangenehm auf und wurde in eine andere Unterkunft verlegt. Auch dort arrangierte er sich nicht mit anderen Flüchtlingen, angeblich soll er sie sogar bestohlen haben. Schließlich verlegte die Stadt ihn in die Ypern-Kaserne. Auch dort sorgte er für Streit und Aufruhr, so dass er schließlich in einem Einzelzimmer untergebracht werden musste.
„Auch wenn es eine Beziehungstat war, Würzburg, München, Ansbach, Reutlingen. Es ist doch klar, dass die Bürger bei uns verunsichert sind und sie spüren, dass die Welt aus den Fugen ist“, sagte der Sprecher der Stadt Reutlingen. Der mutmaßliche Täter wurde am Montag dem Haftrichter vorgeführt. Die Staatsanwaltschaft Tübingen leitete ein Ermittlungsverfahren wegen Mord und gefährlicher Körperverletzung ein. Täter und Opfer waren ein Paar, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft mit. Deshalb nimmt die Kriminalpolizei ein, dass es für die Tat keinen islamistischen oder terroristischen Hintergrund gibt.
„Es gab eine persönliche Beziehung zwischen dem Opfer und dem Tatverdächtigen, sie haben in einem Döner-Restaurant gearbeitet, wir nehmen an, dass es auch eine intime Beziehung war“, sagte ein Sprecher des Reutlinger Polizeipräsidiums der F.A.Z.. Der Syrer und die polnische Frau waren am Sonntagnachmittag in Streit geraten; der Asylbewerber verletzte die Frau am Kopf mit dem Dönermesser so stark, dass sie noch am Tatort verstarb.
Reutlingen : Machetenangriff war wohl Beziehungstat
Auf seiner Flucht schlug der Täter mit dem Messer auf die Scheiben eines Citroën ein, in dem eine 51 Jahre alte Frau und ein 41 Jahre alter Mann saßen. Die Frau erlitt Schnittwunden, die im Krankenhaus stationär versorgt werden mussten, der Mann stand unter Schock und musste ebenfalls stationär aufgenommen werden. Der aggressiv und wütend auftretende Syrer setzte seine Flucht fort und schlug einen 23 Jahre alten Mann in einer benachbarten Gaststätte ins Gesicht, darauf rannte er in die nächste Straße und schlug mit dem Messer auf den Tisch eines Restaurants.
Als er daraufhin flüchten wollte, erfasste ihn ein BMW. Der Syrer wurde zu Boden geworfen und konnte festgenommen werden. Die Polizei widerspricht der Darstellung von Berichten in den sozialen Netzwerken, nach denen der mutmaßliche Täter nur mit Hilfe des BMW-Fahrers gefasst werden konnte. „Es war ein normales Unfallgeschehen, der BMW-Fahrer sah das beschädigte Auto, war irritiert und deshalb erfasste er den Täter“, sagte der Sprecher der Polizei.
Es sei auch falsch, wenn behauptet werde, dass es noch weitere Tatbeteiligte gebe. „Ein Dönerbuden-Besitzer hat mit der Tat nichts zu tun, das ist eine Falschmeldung aus dem Internet. Wir wissen das, weil die Tatumstände geklärt sind, allerdings noch nicht alle Details des Tatablaufs.“
Der Tatverdächtige ist der Polizei wegen verschiedener Delikte, unter anderem wegen Körperverletzung, Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie Eigentumsdelikten bekannt. Nachdem am Sonntag bekannt wurde, dass es sich um einen Asylbewerber aus Syrien handelt, gab es vor allem im Internet zahlreiche fremdenfeindliche Kommentare.
Untersuchung: Hohe Zahl psychisch erkrankter Flüchtlinge
Nach Auffassung der Polizei muss noch ermittelt werden, ob der Täter ernsthaft psychisch erkrankt ist. Seit Ende 2015 gibt es im baden-württembergischen Sozialministerium eine Arbeitsgruppe, die sich mit den Erfahrungen aus der Behandlung psychisch erkrankter Flüchtlinge in den „Zentren für Psychiatrie“(ZfP) befasst. Für eine Studie der Bundesdirektorenkonferenz der psychiatrischen Kliniken sind im März erst 180 Kliniken in Deutschland befragt worden, Rückmeldung erfolgte von 65 Kliniken.
Die Rückmeldungen ergaben, dass insgesamt drei Prozent der stationären Patienten derzeit Flüchtlinge sind. Dieser Anteil liegt über dem Gesamtanteil der Flüchtlinge an der Bevölkerung in Deutschland. Eine Analyse der Bundespsychotherapeutenkammer vom Herbst 2015 über die Häufigkeit an Posttraumatischen Belastungsstörungen bei syrischen Flüchtlingen legte eine sehr hohe Erkrankungszahl zugrunde.
Danach müsse bei dreißig bis fünfzig Prozent der Flüchtlinge mit einer posttraumatischen Belastungsstörung und einem Bedarf an Psychotherapie gerechnet worden. Nach Auffassung des baden-württembergischen Sozialministeriums entspricht das allerdings nicht den internationalen Daten bei anderen Krisenfällen. Es sei ferner zu berücksichtigten, dass nicht jeder traumatisierte Flüchtling eine Psychotherapie wolle oder in der Lage sei, eine psychotherapeutische Behandlung nach den Maßstäben des westlich geprägten Kulturkreises zu absolvieren.