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Klaus-Peter Wolf im Porträt : Ein Mann für viele Fälle

Bewerbung um einen Mord: Verbrechen werden in Wolfs Krimis häufig auf Langeoog begangen. Auf anderen Inseln hätte man davon gerne etwas ab. Bild: Klaus-Peter Wolf. Axel Martens / Agentur Focus

Klaus-Peter Wolf wollte Romane schreiben; um das finanzieren zu können, verfasste er erst mal Drehbücher. Heute macht er in seinen Bestsellern aus seiner Wahlheimat Ostfriesland einen Kosmos, der zum Krimi taugt.

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          Was für eine Steilvorlage für einen Ortstermin. Ein Interview mit Klaus-Peter Wolf führt man beim Spaziergang auf der Dammkrone vor rauschender Nordsee, lässt sich den Wind um die Nase wehen und die Schauplätze seiner Ostfriesenkrimis zeigen. Corona verhindert das Treffen. Also wird telefoniert hoch in den Norden ins Städtchen Norden, dort nahe der Küste lebt Wolf und meldet sich aufgekratzt: „Moin. Hier bin ich, gesund und tief im Roman versunken. Aber jetzt tauche ich auf, so dass Sie gleich mit einem Schriftsteller und nicht mit einem Verbrecher sprechen.“

          Ursula Kals
          Redakteurin in der Wirtschaft, zuständig für „Jugend schreibt“.

          Der Mann mordet, was das Zeug hält, das heißt, er lässt morden und Serienkiller das beschauliche Ostfriesland aufmischen. Küste und Inseln werden von eifersüchtigen, machtgierigen, pathologischen Bösewichtern heimgesucht, die von einer toughen Kommissarin und ihrem weniger energischen Kollegen, der ihr Ehemann ist, auf Hunderten Seiten verfolgt und zum guten Ende natürlich beim Showdown geschnappt werden. Ann Kathrin Klaasen und Frank Weller heißt das Ermittlerduo, beide tragen Züge des Autors und seiner Frau, der Liedermacherin Bettina Göschl.

          „Das ist das Tolle, ein Ehepaar geht auf Verbrecherjagd!“ Auf diesen Einfall ist Wolf stolz – wie auch darauf, eine Art ostfriesischen Krimikosmos geschaffen zu haben. Es ist ein Automatismus, jeder neue Band seiner Ostfriesenkrimi-Reihe entert die Bestsellerlisten. „Ein enormer Glücksfall“, dankt der Verleger des Fischer Verlags im Nachwort der „Ostfriesenhölle“, Band 14. Auch dem Tourismus verschaffen die Krimis einen Schub. Nicht nur die Läden auf Langeoog stapeln Wolfs Bände. Auf der autofreien Insel wird relativ viel gemordet, also fiktiv, versteht sich; andere Eilande blieben von Wolfs Verbrechen bislang verschont, zu deren eigenem Bedauern. Einige, Wolf sagt das kichernd, haben sich bei ihm „um einen Mord beworben“.

          Warum ausgerechnet das entlegene Ostfriesland?

          Warum ausgerechnet das entlegene Ostfriesland? Das hat mit seinem Geburtsort zu tun. Der Sohn einer Friseurin und eines Lastwagenfahrers, der auf Schwimmlehrer umschulte, kommt aus Gelsenkirchen im Ruhrpott, wohin es die Ermittler immer mal verschlägt. Gute Luft sog das Arbeiterkind nur in den Ferien an der Nordsee ein. Das Gefühl, dort aufatmen zu können, hat sich der Zehn-Millionen-Bücher-Mann bewahrt.

          Vom Schreiben wollte er leben, das wusste er früh. Wenn er darüber erzählt, schimmert ein Stück Nachkriegsliteraturgeschichte auf. „Im Pott unter Malochern haben mich die Arbeiterschriftsteller mit 14 Jahren in ihre Kreise aufgenommen. Die haben unter Tage geschuftet und in der Freizeit geschrieben, sie haben Arbeit als Knechtschaft empfunden, da war nichts mit Selbstverwirklichung.“

          Klaus-Peter Wolf, der ohnehin munter redet, nimmt Schwung auf: „So kam ich zu Philipp Wiebe, der mit bürgerlichem Namen Ernst-Adolf Kunz hieß, dessen Frau hatte die Kurzgeschichtenagentur Ruhr-story. Sie vertraten Autoren wie Siegfried Lenz, Josef Reding, Wolfdietrich Schnurre, Max von der Grün und Paul Schallück. Das waren meine Ziehväter, meine Lehrer. Auch ich hatte das Glück, dass sie meine Kurzgeschichten an Tageszeitungen verkauften. In deren Haus habe ich Heinrich Böll erlebt, den Wiebe in der Kriegsgefangenschaft kennengelernt hatte. Ich war damals 15 Jahre alt und verließ Wiebes Haus immer mit einem Stapel Bücher unterm Arm. Beim nächsten Besuch wurde ich streng examiniert, ob ich auch alles verstanden hatte.“

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