Kampfkuh Cobra : „Sie ist wie ein Mensch“
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Schau mir in die Augen: Kämpfende Kühe Bild: REUTERS
Cobra ist eine Kampfkuh. Sie ist eine faire Kämpferin, sie lässt sich nicht provozieren. Bei den diesjährigen Walliser Ringkuhkämpfen hat sie haushoch gewonnen. Wenn sie doch mal verliert, weint sie.
Herr Gsponer, Ihre Kuh Cobra hat bei den diesjährigen Walliser Ringkuhkämpfen gesiegt. Dort kämpfte sie gegen andere Kühe, bis diese entweder flüchteten oder wegen Erschöpfung aus dem Ring genommen wurden. Cobra hat eine gegnerische Kuh mit den Hörnern durch die Luft gewirbelt und auf den Boden geworfen. Sie trägt jetzt den Titel „Königin der Königinnen“. Ist ihr das bewusst?
Sie hätten Cobra am Tag des Finales sehen müssen, nach dem letzten Kampf. Als all die Menschen sie umringten und ihr gratulierten. Sie war so stolz. Sie stand da, viel größer als sonst. Und ihre Augen waren ganz dunkel, noch dunkler als sonst.
Hat Cobra schöne Augen?
Augen zum Verlieben! Cobras Augen sind schwarz, aber eben nicht einfach schwarz. Es ist ein tiefes, rundes Dunkel, viel wärmer als schwarz. Ihre Seele ist da drin. Ich schaue Cobra in die Augen und weiß sofort, wie es ihr geht. Wenn es ihr schlecht geht, hat sie Kummertränen.
Sie weint?
Wenn sie mal bei einem Kampf verliert, steht sie ganz starr, und die Tränen kommen raus. Ich rede dann mit ihr: Gutes Mädchen, das hast du gut gemacht, sei doch nicht traurig. Aber sie lässt sich kaum trösten.
Haben Sie heute schon mit Cobra geredet?
Ich rede mit all meinen Kühen. Sie antworten auch. Manche antworten so, dass ich ins Grübeln gerate. Cobra nicht, bei ihr verstehe ich immer, was sie mir sagen will. Sie ist meine absolute Lieblingskuh. Trotzdem, ich gebe mir Mühe, alle gleich zu behandeln. Die spüren genau, wenn ich eine bevorzuge. Das gibt nur Reibereien in der Gruppe.
Was hat Ihnen Cobra denn heute gesagt?
Nichts. Sie ist bis September in den Ferien. Ich habe sie bei einem befreundeten Bauern in Pension gegeben, damit sie sich von den Kämpfen erholt. Hier bei mir hätte sie keine Ruhe. Sie würde ständig mit den anderen Kühen um den Platz in der Herde kämpfen. Der Bauer, bei dem sie jetzt ist, besitzt eine Kuh, mit der sie sich gut versteht.
Fehlt sie Ihnen?
Sehr. Ich besuche sie, so oft ich kann. Sobald sie mich von weitem sieht, kommt sie im Galopp. Ich bringe ihr immer Brot mit. Auch dem Bauern habe ich gesagt: Gib ihr jeden Abend einen Kanten Brot, das mag sie. Am liebsten mag sie das harte Walliserbrot, das mit Roggenmehl.
Ehrlich gesagt habe ich mir eine Kampfkuh ganz anders vorgestellt.
Wie denn? Wie eine Bestie?
Ja, vielleicht.
Es gibt Kühe wie Bestien, die brüllen und zittern, wenn neben ihnen ein Kampf abgeht. Die wollen sofort mitstechen und können es kaum abwarten, bis sie dran sind. Aber aus denen wird nie eine Königin, weil sie nichts über sich selbst wissen. Sie sind nur stark. Eine Königin ist stark, aber sie weiß auch, dass sie stark ist. Cobra bleibt immer ruhig, sie schreit nicht. Lässt sich nicht provozieren. Im Kampf ist sie immer fair, kommt von vorne, statt der anderen in die Seite zu springen. Cobra hat einen guten Charakter.
Sie reden über Cobra, als wäre sie ein Mensch.
Sie ist wie ein Familienmitglied, ich kenne sie von klein auf. Ja, für mich ist sie wie ein Mensch.
Aber sie ist ein Tier.
Sie wollen etwas auseinander halten, was völlig vermischt ist! Sie hat keinen Menschenkopf. Wenn ich sie anschaue, sehe ich keinen Menschen. Aber eben auch kein Tier. Wie soll ich das bloß erklären? Ihr Anblick ist mir so vertraut, als würde ich in das Gesicht meines Bruders blicken.
Was ist für Sie ein Tier?
Zu einem Tier habe ich keinen Bezug. Ich behandle es gut und mehr nicht.
Was werden Sie tun, wenn Cobra alt und gebrechlich ist?
Wenn sie schwach wird, gebe ich ihr Pension. Wenn sie irgendwann nicht mehr trägt und irgendwann nicht mehr stehen kann, dann muss ich auf die Zähne beißen und fertig.
Sie würden sie zum Metzger bringen.
Ja. Das wäre ganz schlimm.
Würden Sie Cobras Fleisch essen?
Nie! Deshalb würde ich Cobra auch zu einer Großmetzgerei bringen, die in der Innerschweiz verkauft, nicht hier im Wallis. So wäre ich ganz sicher, dass nichts von ihr auf meinem Teller landet.