Verkehrssicherheit in Belgien : Institut verschickt falsche Todesnachrichten
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Vor allem junge Leute wollen die Macher der Kampagne aufrütteln und zum vorsichtigen Fahren anhalten Bild: dpa
Ein belgisches Institut beschreitet makabre Wege, um für mehr Verkehrssicherheit im Land zu sorgen. Das kommt in der Bevölkerung nicht gut an.
Wouter Verrept lebt noch, aber der Schreck ist dem 29 Jahre alten Flamen aus dem östlich von Antwerpen gelegenen Ort Ham kräftig in die Glieder gefahren. Als er vor wenigen Tagen dienstlich in den Niederlanden unterwegs war und eine Arbeitskollegin routinemäßig seine E-Mailbox überprüfte, stieß sie dort auf eine Nachricht mit der Überschrift: „Wouter Verrept kommt bei Unfall ums Leben“. In der Anlage fand die Mitarbeiterin einen Zeitungsbeitrag, in dem der Hergang des angeblichen Unfalls detailliert beschrieben wurde und das vermeintliche Unglücksfahrzeug Verrepts abgebildet war. „Da mein Handy nicht eingeschaltet war, konnte sie mich nicht erreichen. Eine Stunde lang dachten meine Familie und Freunde, ich sei bei einem Unfall umgekommen sei“, erzählte Verrept der flämischen Zeitung „Het Belang van Limburg“.
So wie Verrept ergeht es in diesen Tagen vielen Belgiern, die Opfer einer durchaus gut gemeinten, aber nicht nur nach dem Eindruck Verrepts die Grenzen des guten Geschmacks überschreitende Kampagne des Institut für Verkehrssicherheit (BIVV/IBSR) geworden sind. Ziel ist es, den Sinn junger Autofahrer, die in Belgien in 36 Prozent der schweren Unfälle verwickelt sind, für die Gefahren des Straßenverkehrs zu schärfen. Seit kurzem bietet das Institut Nutzern des sozialen Netzes „Facebook“ an, für ihre unverantwortliche Fahrweise berüchtigten Personen eine in einen Zeitungsartikel verpackte makabere Meldung zu übermitteln. Es gehe nicht darum, Angst und Schrecken zu verbreiten, sondern die Adressaten mit den Gefahren des Straßenverkehrs zu konfrontieren, erläuterte Institutssprecherin Sofie Van Damme. Junge Menschen könnten so gezielt Freunde, die zu schnell oder unter Einfluss von Alkohol oder Rauschgift führen, wachrütteln. Offenbar übersehen wurde dabei, dass die Todesnachricht zwar nur an den jeweiligen Empfänger gerichtet ist, in der Praxis aber doch, wie im Falle Verrepts, ungewollt in Umlauf geraten kann.
Fotos von Tierkadavern
Belgien steht mit dieser drastischen Vorgehensweise nicht allein da. Internationale Tierschutzorganisationen wie Peta versuchen seit längerem mit drastischen Bildern ihre Anliegen zu vertreten. Ihre derzeitige Kampagne, mit der sie gegen die Tötung von frei herumlaufenden Hunden und Katzen in der Ukraine vor der dort im kommenden Jahr stattfindenden Fußball-Europameisterschaft protestieren will, „schmückt“ die Organisation mit entsprechenden Fotos von Tierkadavern. Allein in der ukrainischen Hauptstadt Kiew seien auf behördliche Anordnung bereits rund 20000 Tiere umgebracht worden.
Belgien war 2007 das erste EU-Land, das auf Zigarettenpackungen neben den bereits üblichen Warnhinweisen wie „Raucher sterben früher“ auch explizite, zum Teil ekelerregende Fotos zur Abschreckung vorschreibt. Schon Jahre früher als in Deutschland wird in Belgien entlang der Straßen darauf vertraut, Autofahrer durch abschreckende Unfallbilder zu einer behutsamen Fahrweise zu mahnen. Das Institut für Verkehrssicherheit setzt zum Beispiel derzeit auf ein Bild, das ein durch eine zersplitterte Windschutzscheibe in die Luft geschleudertes Kind zeigt - und dazu die Aufschrift: „Schau mal, Mama - ohne Sicherheitsgurt!“ Die Empörung über die jüngsten „Todesnachrichten“ hat in der Zentrale des Instituts immerhin zu einem gewissen Umdenken geführt. Entsprechende Schreckensbotschaften soll es zwar auch künftig geben. Aber sie sollen ausdrücklich folgenden Hinweis umfassen: „Der im Artikel beschriebene Vorfall hat sich nicht wirklich ereignet. Er wurde lediglich als Teil einer Sensibilisierungskampagne gegen Verkehrsunfälle verfasst.“