Trisomie 21 : Nicht einfach, aber schön
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Die meisten Familien werden mit ihrem Kind glücklich, aber manche stoßen an ihre Grenzen, sagt die Vorsitzende eines Vereins für Menschen mit einem Down-Syndrom
Wenn wir Eltern auf ihrem Weg durch die Schwangerschaft begleiten konnten und das Paar selbstbestimmt zu einer Entscheidung kommen konnte, dann sehen wir uns in unserer Arbeit bestätigt“, sagt Martina Neugebauer-Renner. Sie ist Vorsitzende des Freiburger Vereins ,,Miteinander – Menschen mit Down-Syndrom und ihre Freunde e. V.“. Eine Aufgabe des Vereins ist es, Paare, deren noch ungeborenes Kind das Down-Syndrom diagnostiziert bekam und die nicht weiterwissen, zu beraten und zu unterstützen. Der vor 22 Jahren gegründete Verein geht auf die 1981 entstandene Freiburger Selbsthilfegruppe von Eltern zurück und besteht zurzeit aus 130 Mitgliedern. Davon sind die meisten Familienangehörige von Kindern mit Down-Syndrom, die bis zu 30 Jahre alt sind. „Die Familien tauschen miteinander Erfahrungen aus. Alle helfen sich gegenseitig, denn zusammen ist man stärker“, beschreibt Martina Neugebauer-Renner die Hauptaufgabe des Vereins. Ziel ist es, Familien mit einem Trisomie-21-Kind in ihren verschiedenen Lebensphasen unterstützend und beratend zur Seite zu stehen. Die Mitglieder treffen sich oft zu einem gemeinsamen Austausch, dabei geben sie sich gegenseitig Tipps und sprechen über Erfahrungen, die ihnen den Alltag erleichtern, zum Beispiel erfahrene und einfühlsame Ärzte oder Musikschulen, bei denen ihre Kinder besonders gefördert werden.
Reaktion der Verwandtschaft
Für Kinder im Kindergarten- oder Grundschulalter und deren Eltern gab es vor Corona einmal im Monat einen Spiel- und Familientreff. Während die Kinder miteinander spielen, erzählen sich Eltern gegenseitig von den Fortschritten und der Entwicklung ihrer Kinder. Auch für die Jugendlichen gibt es ein Treffen, bei dem die Familien zum Beispiel gemeinsam bowlen und Themen wie die Schul- und Berufsausbildung untereinander diskutieren. Jährliche Veranstaltungen, bei denen sich die Mitglieder zu einem Sommerfest, einer Nikolausfeier und einem Familienfrühstück treffen oder einen Ausflug in den Europapark unternehmen, runden das Angebot ab.
„Die meisten Familien werden mit ihrem Kind glücklich, aber manche bringt es an ihre Grenzen, ein Kind mit Behinderung großzuziehen“, umreißt Martina Neugebauer-Renner die Herausforderung von Betroffenen. Ein Kind mit Trisomie 21 sei für jede Familie eine außergewöhnliche Situation, mit der anfangs nicht alle gut umgehen könnten. Bei einer Erstberatung fragt die Vereinsvorsitzende immer, wo Unterstützung benötigt wird, damit jeder Familie individuell geholfen werden kann. Häufig müssten werdende Eltern erst ihre Trauer über diese neue Situation bewältigen, die Reaktionen der Verwandtschaft auf die Genanomalie verarbeiten oder sich klarmachen, wie der zukünftige Alltag mit dem Kind gestaltet werden kann. Um zu zeigen, wie ein Familienleben mit Down-Syndrom abläuft, bietet sie betroffenen Familien an, durch ein gemeinsames Treffen bei ihr zu Hause Einblicke in ihre Familie zu geben.
Mit zwei kam Edith in einen Regelkindergarten
In ihrer Schwangerschaft mit Edith wurden bei einer normalen Routineultraschalluntersuchung Auffälligkeiten entdeckt, die auf Merkmale von Trisomie 21 zutrafen. Die Herzstrukturen deuteten auf einen Herzfehler hin, und auch die Gehirnstrukturen wiesen Besonderheiten auf. Trotz dieser Marker verzichteten ihr Mann und sie jedoch bewusst auf invasive pränatale Untersuchungen, die Sicherheit gegeben hätten. Sie wollten das Leben des ungeborenen Kindes nicht gefährden. Zwar hatten sie sich früh in der Schwangerschaft mit dem Down-Syndrom beschäftigt, dennoch wendete sich das damals in Mainz lebende Paar selbst erst nach der Geburt ihrer Tochter an den örtlichen Selbsthilfeverein, da sie während der Schwangerschaft an der Hoffnung festhielten, dass ihr Kind ohne ein zusätzliches Chromosom geboren wird. Mit dem Umzug nach Freiburg trat die Familie in den Verein ein, wo Neugebauer-Renner sich von anderen über die naherückende Kindergartenzeit Informationen einholen konnte. Edith kam dann mit zwei Jahren in einen Regelkindergarten. Damals konnte Edith noch nicht allein essen und lag in ihren motorischen Fähigkeiten hinter anderen Kindern in ihrem Alter weit zurück. Dadurch, dass sie in einer Regeleinrichtung war, lernte sie schnell die Bewegungen der anderen Kinder abzuschauen und nachzuahmen, so dass ihre Motorik sich verbesserte. Dennoch war sie ständig auf die Unterstützung von Betreuern angewiesen, weil sie die gesamte Kindergartenzeit über besonders begleitet werden musste.