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Pädagoge Ernst Fritz-Schubert : Keine Nachhilfe, kein Ritalin

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Um das Leben zu meistern, brauchen Kinder Kreativität, meint der Pädagoge Ernst Fritz-Schubert

Um das Leben zu meistern, brauchen Kinder Kreativität, meint der Pädagoge Ernst Fritz-Schubert Bild: dpa

Ernst Fritz-Schubert unterrichtet das Fach Glück und hat ein Buch darüber geschrieben, was Kinder stark macht. Dazu gehört nach seinem Verständnis auch, dass Kinder nicht nur Normen erfüllen. Das Leben sei mehr als eine akademische Veranstaltung.

          5 Min.

          Glück kann man lernen, meint Ernst Fritz-Schubert. Der Pädagoge unterrichtet seit 2007 an einer Heidelberger Schule Kinder darin, das Leben zu erspüren und achtsam mit den Dingen, die einem begegnen, umzugehen. Ihm geht es darum zu vermitteln, dass es neben dem vordergründigen Wohlstandsglück auch das lebenslange Glück gibt, das durch die eigenen Werte geprägt wird. Er fordere keine zusätzliche Nachhilfe, sagt Schubert, er rufe nicht nach Ritalin, wenn es mit der Aufmerksamkeit nicht klappt. „Ich frage, was macht Kinder selbstverantwortlich, stark und was erhält sie gesund.“

          Herr Fritz-Schubert, Sie unterrichten seit September 2007 an einer Heidelberger Schule das Fach Glück. Sind Glücksschüler besser in der Schule als ihre anderen Mitschüler?

          Da kann ich Ihnen folgende Erfolgsgeschichte erzählen: Im vergangenen Jahr haben wir den Glücks-Unterricht auch in unserer Berufsfachschule angeboten. Das sind Schüler, die von der Hauptschule kommen. Wenn sie scheitern oder abbrechen, landen sie als Hilfskraft oder beginnen eine Hartz-IV-Karriere. Fast alle Schüler dieser Stufe haben den Sprung in die nächste Klasse geschafft und können in diesem Schuljahr die mittlere Reife machen oder bei entsprechend guten Noten ins Gymnasium wechseln. Das muss man sich mal vorstellen, das finde ich sehr spannend.

          Wie hat der Glücks-Unterricht das erreicht?

          Wir schaffen Schlüsselerlebnisse, die zu guten Erfahrungen werden.

          Zum Beispiel, dass sich keiner als Außenseiter fühlen muss?

          Ja. Und oft geht es bei uns sehr spielerisch zu. So sitzt beispielsweise ein Schüler in der Mitte eines Stuhlkreises und lässt sich seine guten Eigenschaften als Komplimente wie in einer warmen Dusche auf den Rücken regnen. Oder wenn der dicke Eduard, Kind russischer Einwanderer, 120 Kilo schwer, über einen Balken läuft, den seine Mitschüler halten, und so erfährt, wie die Gemeinschaft Verantwortung für ihn übernimmt und selbst Vertrauen schöpfen kann und kein Außenseiter mehr ist. Oder die Schüler ähnlich wie Spitzensportler mental trainieren, um auf den Punkt fit zu sein. Eduard hat übrigens mittlerweile abgenommen, mit Sport angefangen, die mittlere Reife geschafft und will jetzt zur Polizei.

          Und lebt dann dort Tugenden vor.

          Im Idealfall, ja. Gerechtigkeit, Mäßigung, Tapferkeit und Weisheit, nehmen wir mal die Kardinaltugenden. Sie können tatsächlich zu wahren Glücksbringern werden. Leider erfahren das unsere Kinder in aller Regel nicht. Fragt man Jugendliche, wie sie sich verhalten würden, wenn sie alleine im Zigarettenladen wären, ob sie das Päckchen Zigaretten einfach mitnehmen oder warten, bis der Verkäufer zurückkommt, dann antworten sicher viele so: „Wenn ich wüsste, dass da keine Kamera ist, nichts passiert, dann bin ich schon verführt, sie ohne Bezahlung einzustecken.“ In einer Gesellschaft, in der der Ehrliche meist der Dumme ist, ist Gerechtigkeit schwer zu vermitteln. Das wäre aber eine Vorbereitung aufs gelingende Leben.

          Und damit wieder ein Schlüssel zum Glück?

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