Organtransplantation : Nicht nur den Eltern geht irgendwann die Kraft aus
- -Aktualisiert am
Weltrekordlerin Franziska Liebhardt engagiert sich für die Kinderhilfe Organtransplantation. Die Liste derjenigen, die die Kugelstoßerin unterstützen, ist lang.
Es war ihr großer Tag, die Anzeigetafel zeigt 13,96 Meter, Weltrekord. Franziska Liebhardt aus Würzburg, sportlich aktiv bei Bayer Leverkusen, holt Gold bei den Paralympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro im Kugelstoßen. Doch es gab auch eine Zeit, in der nicht alles so glanzvoll war. Auf den ersten Blick scheint der sympathischen jungen Frau äußerlich nichts zu fehlen. Doch der Schein trügt. Die Athletin leidet an einer Autoimmunerkrankung. 2009 musste sie deswegen lungen- und 2012 nierentransplantiert werden. Auf einer Veranstaltung im Jahr 2010 wird sie auf KiO aufmerksam. KiO steht für Kinderhilfe Organtransplantation und hilft organkranken und organtransplantierten Kindern und ihren Familien und unterstützt sie unbürokratisch in besonderen Notlagen. Sie zahlt beispielsweise Zuschüsse zu Fahrtkosten, Hotelkosten, gesundheitsförderlichen Wohnungseinrichtungen, Haushaltshilfen, Kinderbetreuung, Nachhilfe oder Umzugskosten.
Entstanden sei KiO aus einem anderen Verein heraus, der sich „Sportler für Organspende“ nennt, erläutert Franziska Liebhardt. „Dieser Verein bringt inzwischen über 100 Welt-, Europameister sowie Olympiasieger zusammen, die sich vereint haben, um Erfordernisse und Zielsetzungen rund um das Thema Organspende positiv in die Öffentlichkeit zu tragen. Immer wieder wurden die Schicksale von Familien mit organkranken Kindern an die Sportler herangetragen. Daher beschlossen sie 2004, KiO zu gründen.“ Prominente Mitglieder sind Ski-Ass Rosi Mittermeier und Tischtennis-Profi Timo Boll. Zurzeit gibt es 293 Mitglieder. Die Organisation benötigt jährlich einen mittleren sechsstelligen Betrag, um alle Projekte am Leben erhalten zu können. KiO lebt dabei ausschließlich von Spenden.
Die gemeinnützige Stiftung Eurotransplant ist als Serviceeinrichtung für die Vermittlung aller Organe zuständig, die in Deutschland, Österreich, den Niederlanden, Belgien, Luxemburg, Slowenien, Kroatien und Ungarn gespendet werden. Das ist nach Einschätzung von Liebhardt ziemlich günstig für Deutschland, weil Deutschland vergleichsweise wenig Spenderorgane bereitgestellt hat, „aber viele Organe benötigt werden“. Es wurden 970 Organspender gemeldet, von denen rund 3300 Organe über Eurotransplant vermittelt wurden.
Sie begleiten 100 Familien
Bis zu zehn Prozent aller Transplantationen werden laut Franziska Liebhardt bei Kindern durchgeführt. Grund seien meist angeborene Organfehlbildungen. „2017 waren es an die 220 Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren, die ein Organ transplantiert bekommen haben. Bei Kindern spenden die Eltern oft per Lebendspende Leber oder Niere.“ Bei betroffenen Säuglingen funktioniert eine Organspende ganz gut, teilen kann man aber nur die Leber. Bei Kindern wird in der Regel ein Leberlappen gespendet. Die Niere wird immer „im Ganzen“ gespendet. Oft ist die Größe des Organs ein Problem, wie zum Beispiel bei der Lunge, denn eine erwachsene Lunge passt nicht in den Körper eines Kindes, der Brustkorb begrenzt den Raum, daher ist ein kindlicher Spender vonnöten. Die Kinder sind priorisiert auf den Wartelisten. Grund ist, dass die kindliche Entwicklung sonst leidet, neurologisch etwa. So ist es nicht verwunderlich, dass KiO durchschnittlich rund 100 Familien mit organkranken Kindern begleitet. „Die medizinische Grundversorgung ist in Deutschland sehr gut, und es wird dort – mit wenigen Ausnahmen – bezahlt, was rein medizinisch nötig ist. Das Organ ist kostenlos. Vorsorge, Transplantation, Nachversorgung werden von den Krankenkassen übernommen.“ Franziska Liebhardt schränkt aber ein: „Es wird aber nix darüber hinaus bezahlt. Oft fehlt es zum Beispiel an einer guten psychosozialen Begleitung der Familien.“ Für die Eltern bildet sich immer eine lang anhaltende Stresssituation, Gedanken über ein mögliches Sterben des Kindes quälen. „Spieltherapien für die Kinder, die Monate oder Jahre in Krankenhäusern auf ihr Organ warten, gehören auch nicht zur Behandlung. Fahrtkosten zur Klinik sowie Übernachtungen oder sogar eine Wohnung in der Nähe der Klinik, weil die Klinik zu weit weg ist, werden nicht bezuschusst.“