Museumspädagogik : Mit Histovery Notre-Dame de Paris besuchen
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Die Technik ist museumsreif: Mit einem Tablet gehen die Besucher in die Geschichte ein. Bild: Histovery
Ein französisches Unternehmen hat ein besonderes Tablet entwickelt, mit dem man die Kathedrale besichtigen kann, die durch einen Brand schwer beschädigt wurde. Das Histopad kommt auch in anderen Sehenswürdigkeiten zum Einsatz.
Die Albrechtsburg im sächsischen Meißen ist das älteste Schloss Deutschlands und einen Besuch wert. Es bezeichnet sich auf seiner Internetseite als „Trendsetter seit 1471“, und tatsächlich gibt es gleich zu Beginn eine Überraschung: An der Kasse erhält jeder Besucher ab sechs Jahren zum Eintrittsticket einen Tabletcomputer. Damit geht es einen alten Wendelstein hinauf in den Großen Saal. Gleich daneben liegt die Große Hofstube. Auf Filzpantoffeln gleitet man über das polierte Parkett vorbei an kunstvoll geschnitzten Skulpturen, dicken Säulen und mittelalterlich aussehenden Wandmalereien. Doch sind diese wirklich so alt wie sie auf den ersten Blick aussehen?
Um das herauszufinden, scannt man das Tablet an einem Zeitportal und hält es gegen die Malereien. Das Tablet hat eine 360-Grad-Funktion, sodass man sich frei im Raum bewegen und gleichzeitig auf Zeitreise begeben kann: Es zeigt, wie der Saal im Spätmittelalter, ganz konkret 1493 während eines Hofbanketts zu Ehren des Kurfürsten Friedrich des Weisen, aussah. Alles ist detailliert abgebildet, von einer mit dampfenden Speisen gedeckten langen Tafel mit Eichhörnchen, Kapaun und Krebsmus, den Mitgliedern des Hofes bis hin zur festlichen Dekoration des Raums mit wärmenden Wandbehängen und Funken spuckenden Fackeln. Ein Klick auf einzelne Personen und Objekte liefert kurze Hintergrundinformationen.
Interaktive 3-D-Modelle
Ein Wisch nach rechts katapultiert die Betrachter in eine zweite Epoche – in das Jahr 1840, als die Albrechtsburg längst zur Manufaktur für das weltberühmte Meissner Porzellan geworden war. Die Große Hofstube ist nicht wiederzuerkennen: Das mittelalterliche Gewölbe ist durch einen Brand zerstört worden, Zwischendecken wurden eingezogen, und der Saal wird für die Herstellung von Brennkapseln verwendet, die das Porzellan beim Brennen vor Schmutz schützen. 3-D-Modelle zeigen interaktiv die einzelnen Schritte der Porzellanherstellung.
Hinter diesem Tablet steckt Histovery, ein Wortspiel aus Discovery und History: Das französische Unternehmen wurde 2014 gegründet und hat seinen Sitz zwischen den Tuilerien und der Place Vendôme in Paris. Sein Produkt, der Tablet-Guide Histopad, wird in einigen der bekanntesten Schlösser und Museen in Frankreich eingesetzt, unter anderem in den Unesco-Welterbestätten Chambord und der Königlichen Saline von Arc-et-Senans. Es belebt auf dem Display die kahlen Wände des Papstpalasts in Avignon und die abgerissenen Festsäle der Pariser Conciergerie.
Seit 2020 in Deutschland
Seit 2020 ist das Unternehmen auch in Deutschland tätig. Die Albrechtsburg Meissen ist laut Schlösserland Sachsen gGmbH die erste Sehenswürdigkeit in Deutschland, die ihre Besucher mit der Augmented-Reality-Technologie des Histopads empfängt. Mittlerweile ist die barocke Moritzburg hinzugekommen. Bis Januar konnten Besucher mit dem Histopad im Dresdner Palais in 22 detailliert ausgearbeiteten Stationen durch die 850-jährige Geschichte von Notre-Dame de Paris navigieren.
Nach dem verheerenden Brand der Kathedrale bleibt diese noch bis 2024 geschlossen. Bis dahin tourt die von Histovery konzipierte Ausstellung „Notre-Dame de Paris – l’Exposition augmentée“ durch die Welt mit Stationen in Dubai, Paris, Washington, Dresden, New Orleans und Schanghai. Die Monumente, mit denen Histovery kooperiert, ziehen laut Pressesprecherin Mathilde Michaut jedes Jahr rund 3,5 Millionen Besucher an.