Lost places-Fotografie : Schockverliebt in ein verlassenes Gebäude in Münnerstadt
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Riesige Lüftungsschächte für die Waldluft
Natürlich muss man wissen, welche Einstellungen man an der Kamera verändern muss, um sie den gegebenen Verhältnissen anzupassen, aber für Oliver Schikora ist es nicht die technische Perfektion, die ein Bild ausmacht: „Ich persönlich stelle die Technik eher hinten an, für mich ist es das Motiv, das ein gutes Foto entstehen lässt.“ Das persönliche Highlight der beiden war es, eine Lungenheilanstalt in der Nähe von Beelitz bei Berlin fotografieren zu dürfen. Dort hätte Oliver Schikora „eine Woche lang fotografieren“ können. Die Klinik wurde 1898 errichtet, um vielen Tuberkulosepatienten eine Chance auf Heilung zu bieten. Mit riesigen Lüftungen wurde die gesunde Waldluft eingesaugt und in die Zimmer geleitet. „Das war wirklich hoch spannend, im Keller die metergroßen Lüftungsschächte zu sehen“, sagt Oliver Schikora. Dazu „runde Ecken, alles gefliest“, wie Christine Schikora ergänzt, um die Hygiene für die Insassen zu verbessern. Dort soll in Zukunft ein Kreativ-Zentrum entstehen.
Im Hintergrund hängt das Winnetou-Plakat
„Wenn wir in Gebäude gehen, fotografieren wir zwar unterschiedliche Motive“, erläutert Oliver Schikora, „es gefällt uns aber grundsätzlich dasselbe – wie in Beelitz in der Lungenheilanstalt: Backsteingebäude aus der Gründerzeit, große Fenster, helle, lichtdurchflutete, endlos lange Gänge, große Treppenhäuser, bröckelnde Farbschichten an den Wänden, auch oft Graffiti, manchmal noch hängende Bilder, nicht aufgeräumte Schreibtische, alte Produktionsanlagen, altes Werkzeug. Wir gehen dann auch oft getrennte Wege, weil der eine bei diesem Motiv länger braucht, der andere da etwas gesehen hat. Mich faszinieren Details auch, aber ich setze meist etwas in den Bildmittelpunkt und vermittele im Hintergrund Weite – zum Beispiel das Bild von dem Winnetou-Plakat im Flur in Beelitz, das im Fokus des Bildes steht, im Hintergrund kann man aber erkennen, wie groß und lang der Flur ist.“
Sie geben keine Adressen weiter
In Foren tauschen sich die Fotografen aus, aber es gibt auch schwarze Schafe, die sich unbefugt Zutritt zu Gebäuden verschaffen, fotografieren und die Orte danach verwüsten und zerstören. „Für mich eine unbegreifliche Sache, es ist wirklich traurig, so etwas dann sehen zu müssen“, sagt Christine Schikora. Solche Lost-places-Jäger, die nach dem Foto hetzen, das einzig und allein von ihnen gemacht wurde, werden immer häufiger. Das liegt auch daran, dass Lost-places-Fotografie immer bekannter und beliebter wird. Das Ehepaar Schikora hält sich an die Regeln, keine Adressen weiterzugeben und den Ort in seinem Originalzustand zu belassen. Der Traum von Oliver Schikora wäre es einmal, nach Prypjat, in die Geisterstadt nahe bei Tschernobyl, zu reisen und dort Fotos zu schießen. „Das muss ich aber noch mit meiner Frau ausdiskutieren“, lacht er.