Buchbinderin : Verpflockte Hanfbünde
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Katharina Lässig beherrscht ihr Handwerk und beachtet dabei, wie sie sagt, „die Aura der Werke“. Besuch in der Bayreuther Werkstatt der Buchbindemeisterin.
Bereits als Jugendliche war Katharina Lässig an alten Dingen interessiert. Von Kirchen und deren Ausstattung beschritt sie damals den Weg zu den Büchern. Während ihrer Ausbildung zur Buchbinderin fand sie Gefallen am Handwerk, weshalb sie sich gegen das ursprünglich angedachte Studium entschieden hat. „Ich brauche diese Mischung zwischen den kunsthistorischen, wissenschaftlichen Teilen und der Werkbank“, erklärt die geprüfte Buchbinderin für Restaurierungsarbeiten, die ihren Abschluss vor elf Jahren gemacht hat. Zu Beginn war das Buchbinden nicht ihr einziger Berufswunsch: „Es waren gewissermaßen meine Vorlieben und letztendlich die Ausbildung, die mich bestätigt hat. An der Pathologie war ich aber damals genauso interessiert, obwohl die beiden Berufe auf den ersten Blick verschieden sind.“
320 Jahre alte Bibel mit Holzdeckel
Ihr derzeit anspruchsvollster Restaurierungsauftrag ist eine 320 Jahre alte Bibel aus Privatbesitz mit Holzdeckel, Schließen und Leder. An entsprechender Erfahrung mangelt es der Meisterin ihres Handwerks keineswegs; die Gratwanderung zwischen Erhalten und Erneuern ist für sie eine Entscheidung, der sie mit Respekt begegnet. „Zum einen möchte ich nicht verschwenderisch mit dem Leder umgehen. Außerdem muss ich bei der Heftung und den Hanfschnüren aufpassen, dass sie weder zu straff noch zu locker verpflockt werden.“ Dabei werden die erhabenen Hanfbünde durch ein Loch im Holzdeckel gezogen und mittels eines kleinen Holzpfropfs befestigt. Je weniger man am ursprünglichen Zustand des Buches verändere, desto besser funktioniere es nach der Restaurierung wieder im gewohnt alten Sinn, ist die Erfahrung von Katharina Lässig. „Ich achte außerdem immer darauf, dass der Charakter, die Aura des Buches beibehalten wird. Wenn ich überwiegend neues Material verwende, ist das nicht mehr der Fall.“ Manchmal muss sie aber trotz ihrer umfangrei-chen Erfahrung Aufträge ablehnen, um ihre Kapazitäten nicht zu sprengen.
Covid-19 bringt auch für sie Belastungen
Vor fünf Jahren eröffnete die selbständige Buchbinderin und Restauratorin ihr Atelier in Bayreuth, gut anderthalb Jahre vor der Geburt ihrer Tochter. Die darauffolgende Arbeit in Teilzeit, die Renovierung des neuen, größeren Ateliers in Waischenfeld bei Bayreuth und die Pandemiesituation haben Herausforderungen dargestellt. Covid-19 bringt auch für sie Belastungen, zum Beispiel bei der Bestellung neuer Materialien und beim erschwerten Kontakt mit Zulieferern und der Kundschaft. Andererseits bringen die besonderen Umstände auch Vorteile: „Man muss sich in jedes Werk neu hineindenken. Diese Herausforderung beansprucht natürlich auch Zeit, die ich mir jetzt einfacher nehmen kann. Zudem sind die Kunden teilweise entspannter, was das Arbeiten angenehmer macht.“
Aufmerksamkeit erlangt ihre Arbeit, die nach ihrer Auskunft überwiegend von Frauen ausgeführt wird, sowohl durch regionale Märkte als auch über Empfehlungen zufriedener Kunden, die zumeist aus der Region kommen. „Am wichtigsten ist es, dass die Kunden eine Vertrauensbasis zu mir aufbauen können und das Gefühl haben, dass ihr Buch bei mir in gute Hände gelangt. Eigentlich ist es wie beim Zahnarzt: Man muss dem Menschen so vertrauen, dass man mit einem sicheren Gefühl geht und gerne wiederkommt.“