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Ernährung : Wer sich selbst versteht, isst besser

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Meistens darf es ein bisschen mehr sein: Wenn die Bauch-Bakterien nach der Salami schreien. Bild: Frank Röth

Warum schmeckt uns, was uns schmeckt? Warum wissen wir oft nicht, wann wir satt sind? Die Verhaltenspsychologie hat auf derlei Fragen unterhaltsame Antworten.

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          1. Unsere geschmacklose Intuition

          Einmal angenommen, auf einem Teller vor Ihnen liegen zwei verschiedene Sorten Kekse. Bei der einen Sorte handelt es sich um Dinkel-, bei der anderen um Schokoladenkekse mit Karamellglasur. Welche Sorte schmeckt besser?

          Melanie Mühl
          Redakteurin im Feuilleton.

          Wahrscheinlich tippen Sie intuitiv auf die Schokoladenkekse - womit Sie der Unhealthy=Tasty-Intuition erlegen wären. Die Vorstellung, dass Ungesundes per se gut, ja sehr viel besser als Gesundes schmeckt, ist nicht nur weit verbreitet, bereits von Kindesbeinen an wird uns dieser Glaubenssatz antrainiert.

          Nach dem Motto: Wenn du deine Portion Brokkoli brav aufgegessen hast, bekommst du zur Belohnung einen Vanillepudding! Erst die Qual, dann das Vergnügen. Wie sollen Kinder Gemüse lieben lernen, wenn ihnen suggeriert wird, dass das Essen von Möhren und Rosenkohl eine ärgerliche Notwendigkeit ist und das Beste immer erst zum Schluss kommt?

          Ultimativer Geschmack: Käse-Nachos

          Zahlreiche Studien belegen, dass allein die Ankündigung, gesunde Nahrung serviert zu bekommen, die Geschmackserwartung sinken lässt. Beim „Mango-Lassi-Experiment“ der Universität Texas stuften Versuchsteilnehmer ein Lassi als weniger schmackhaft ein, wenn sie vorher die Information erhielten, dass es sich um ein gesundes Getränk handle. Wurde dagegen sein Kalorienreichtum betont, lobten die Tester dessen Geschmack.

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          Dass wir genetisch darauf programmiert sind, Zucker und Fett zu lieben, vereinfacht die Sache nicht. Der einzige Profiteur ist die Lebensmittelindustrie. Sie schlägt aus unserer Prägung Kapital und frisiert Lebensmittel auf. Steven Whitley, Autor des Buches „Why Humans Like Junk Food“, spricht vom „dynamischen Kontrast“. Hell und dunkel, süß und salzig, knusprig und seidig gelten als besonders stimulierend für das Gehirn. Großartig finden wir Speisen, die sich im Mund erwärmen und herzhaft knuspern. Ein Beispiel für ultimativen Geschmack sind Käse-Nachos.

          Ungesundes schmeckt, bringt einen Energiekick und Abwechslung. Lässt sich die Geschmackserwartung unter diesen Umständen überhaupt beeinflussen? Ja, unter anderem durch Bildung. Forscher der Universität Kiel konnten nachweisen, dass mit steigendem Gesundheitsbewusstsein die Annahme schwindet, dass gesunde Lebensmittel schlechter schmecken als ungesunde. Nur: Wer demonstrativ mit der Gesundheitswirkung eines Produkts wirbt, sitzt dem Irrtum auf, Rationalität schlage Geschmack.

          Qualitätsbewusste Franzosen

          Die Forscher schreiben: „Der Einfluss automatisiert aktivierter Geschmacksassoziationen lässt sich auch durch ein gesteigertes Gesundheitsbewusstsein nicht verändern.“

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          Trotz dieser Erkenntnis besteht kein Grund zur Ernüchterung. In Frankreich nämlich gilt erstaunlicherweise das Gegenteil der Unhealthy=Tasty-Intuition. Sprich, von gesunden Lebensmitteln wird der bessere Geschmack erwartet. Forscher der Universität Grenoble führen dies vor allem auf das Qualitätsbewusstsein der Franzosen zurück. Anstatt mit künstlichen Aromen arbeiten dort mehr Köche mit Kräutern und Gewürzen. Zutaten von Salaten werden raffiniert kombiniert, Zitronenschalen und Koriander beispielsweise mit Tomaten, in winzige Würfel geschnitten, damit sich Aromen sofort auf der Zunge entfalten.

          Fazit: Man muss, um der Unhealthy=Tasty-Intuition ein Schnippchen zu schlagen, nicht gleich nach Frankreich ziehen; es reicht, sich von der französischen Küche inspirieren zu lassen.

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