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Neurobiologie : Warum sterben Säuglinge einen plötzlichen Kindstod?

Immer wieder sterben Säuglinge im Schlaf. Eine mögliche Ursache ist nun von Forschern in den USA gefunden worden. (Symbolbild) Bild: dpa

Ein Forschungsteam in Boston hat untersucht, wieso Säuglinge unerwartet starben. Ihre Ergebnisse zeigen: Ein Grund kann die molekularbiologische Veränderung des Gehirns sein.

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          Der plötzliche Kindstod ist ein seltenes, aber schreckliches Ereignis, bei dem der Säugling un­erwartet im Schlaf stirbt, meist im Alter von zwei bis vier Monaten. Eine mögliche Ursache ist nun gefunden worden. Forscher des Boston Children’s Hospital präsentieren im „Journal of Neuropathology & Experimental Neurology“ zumindest sehr stichhaltige Ergebnisse.

          Pia Heinemann
          Redakteurin Natur und Wissenschaft

          Das Team um Robin L. ­Haynes hat die Gehirne von 70 Säug­lingen, die am plötzlichen Kindstod (SIDS, „sudden infant death syndrome“) verstorben waren, molekularbiologisch untersucht und mit denen anderer Säuglinge verglichen, die aus anderen Gründen gestorben waren. In den SIDS-Gehirnen fanden sie Veränderungen an dem Serotonin-Rezeptor 2A/C.

          Damit haben sie möglicherweise genau das gefunden, wonach Neuro­biologen seit Jahrzehnten suchen: molekularbiologische Veränderung in über­lebenswichtigen Gehirnregionen, die beispielsweise für die Atmung zuständig sind. In verschiedenen Hirnregionen finden während eines kritischen Zeitfensters in der Reifung des kindlichen Gehirns Umbauprozesse statt. Die Theorie lautet nun: Läuft dabei etwas schief, könnte das dazu führen, dass die Kinder nicht mehr atmen – und sterben.

          Die Serotonin-Rezeptoren scheinen nun die molekularbiologische Struktur zu sein, an der es während der Gehirnreifung zu Unregelmäßigkeiten kommt: Von Versuchen an Nagetieren ist be­kannt, dass der Serotoninstoffwechsel im Hirnstamm maßgeblich für die Sauerstoffversorgung des Gehirns während des Schlafs ist.

          Diese Erkenntnis hilft allerdings wenig bei der Vermeidung des SIDS. Eltern können aber das Risiko wesentlich verringern, indem sie die Schlafbedingungen ihres Säuglings optimieren, wie sich in der Statistik des SIDS zeigt: In Deutschland ist diese Todesursache in den vergangenen Jahrzehnten sehr selten geworden. So starben 1991 noch 1285 Säuglinge daran, 2020 waren es 84. Diese erfreuliche Entwicklung erklären Experten der Stiftung Kindergesundheit damit, dass Eltern besser über die Risikofaktoren aufgeklärt sind – etwa die Bauchlage und Decken, die das Atmen behindern.

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