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Suche nach dem Ehec-Erreger : Die verdächtigen Sprossen von Bienenbüttel

Bild: F.A.Z.

Wo Ehec ausbrach, wurden Sprossen verzehrt. Die Indizien scheinen schlüssig. Erste Laborproben haben den Verdacht auf einem Biohof in Niedersachsen aber nicht untermauert. Bei keinem der 23 bisher untersuchten Proben wurde der Darmkeim gefunden.

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          Es war detektivische Puzzlearbeit, die zu einer mutmaßlichen Quelle des Ehec-Ausbruchs führte - zu Sprossen von einem Biohof im niedersächsischen Bienenbüttel im Landkreis Uelzen. Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) und der Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) in Berlin, Andreas Hensel, warnten allerdings vor einer zu raschen Festlegung auf nur ein kontaminiertes Lebensmittel. Bestätigt wurden sie durch Laborbefunde vom Montag: An keinem der 23 bisher untersuchten Proben aus Bienenbüttel wurde der Darmkeim Ehec gefunden. Das Bundesinstitut für Risikobewertung, das Robert-Koch-Institut und das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Laves) in Oldenburg werten nun gemeinsam weitere Proben sowie Lieferlisten aus.

          Johannes Ritter
          Korrespondent für Politik und Wirtschaft in der Schweiz.
          Peter-Philipp Schmitt
          Redakteur im Ressort „Deutschland und die Welt“.

          Auch das Hamburger Institut für Hygiene und Umwelt untersucht derzeit verschiedene Salatsprossen, darunter eine mehrere Wochen alte Packung mit dem Gemüse. Die 100-Gramm-Packung der Mischung „Milde Sprossen“ stammt ebenfalls aus dem Bio-Betrieb in Bienenbüttel und trägt das Ablaufdatum 23. April. Der 42 Jahre alte Hamburger Andreas R. hatte die Packung in seinem Kühlschrank zunächst vergessen. Am Montag brachte er sie zu der Hamburger Behörde. Der Mann war selbst an Ehec erkrankt und lag tagelang auf einer Isolierstation in einem Lüneburger Krankenhaus. Mittlerweile ist er wieder genesen.

          Ein Ergebnis der Sprossen-Untersuchung soll frühestens an diesem Dienstag vorliegen. Allerdings hatten das Hamburger und weitere Institute seit dem 23. Mai schon mehrfach Sprossen auf mögliche Ehec-Kontamination überprüft. Bislang waren alle Proben negativ. Dabei waren unter den acht Sprossenproben am Hamburger Institut für Hygiene und Umwelt in den vergangenen zwei Wochen auch fünf von dem Hof in Bienenbüttel.

          Diese Wochen alte Packung aus dem Bio-Betrieb in Bienenbüttel könnte Aufschluss über den Infektionsherd geben
          Diese Wochen alte Packung aus dem Bio-Betrieb in Bienenbüttel könnte Aufschluss über den Infektionsherd geben : Bild: dpa

          Sechs Ehec-Ausbruchsorte wurden vom Biohof beliefert

          Ausgehend vom „Kartoffelkeller“ in Lübeck und einem Golfhotel in Lüdersburg hatte das Laves Spuren bis zur gemeinsamen Lieferkette zurückverfolgt: Alle sechs größeren Ausbruchsorte seien vom Biohof beliefert worden, hieß es beim niedersächsischen Landwirtschaftsministerium. In Lüdersburg, wo schwedische Kontrolleure nach der Erkrankung von bis zu 30 Schweden alles untersuchten, und in dem Restaurant in Lübeck wurde bislang allerdings jeweils keine Ehec-Spur gefunden.

          Das im Jahr 2001 eingerichtete Laves erstellte nun, wie der niedersächsische Landwirtschafts- und Verbraucherschutzminister Gert Lindemann (CDU) sagte, erstmals „einen konkreten Pfad von einem Erzeuger zu einer Vielzahl von Ehec-Erkrankten“. Er nannte es eine „sehr deutliche Spur für eine Quelle“. Einfach sei die Suche nicht gewesen: Viele Patienten waren zu krank, um zu antworten, oder konnten sich an ihren Speiseplan vor zehn Tagen nicht mehr hinreichend detailliert erinnern. Immer wieder, so Lindemann, wies der Weg aber zum mittlerweile geschlossenen „Gärtnerhof“ in Bienenbüttel.

          Dieser hatte über vier Zwischenhändler in der Kreisstadt Uelzen, in Mölln und in Stade, aber auch direkt an Gastronomiebetriebe, Groß- und Wochenmärkte Sprossenpackungen geliefert. Der Betrieb, dem Lindemann ausdrücklich keine Schuld zuweisen möchte, ist eine kleine Hofgemeinschaft, die seit mehr als drei Jahrzehnten in mehreren Gewächshäusern bio-vegan anbaut und als Mitglied im Verband Naturland das Bio-Siegel trägt. Auf synthetische oder tierische Düngemittel wie Mist oder Gülle verzichtet er. Der Geschäftsführer des Betriebs, Klaus Verbeck, sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, er könne sich keinen Reim auf die Vorwürfe gegen seine Produkte machen. Die Salatsprossen wüchsen nur aus Saatgut und Wasser und würden überhaupt nicht gedüngt - nicht einmal mit Hornmehl.

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