„Ich fühle mich in meine Patienten ein“
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Bild: Joanna Nottebrock/Laif
Der Arzt Michael de Ridder begleitet Schwerkranke beim Suizid. Er meint: Nicht von jedem kann man eine Entscheidung fürs Weiterleben erwarten.
Was Michael de Ridder als Erstes an Richard S. auffällt: seine Entschlossenheit. Es ist Februar 2015, als sich die beiden in einem Restaurant zum ersten Mal treffen. Richard S. kommt im Rollstuhl, seine Pflegerin hat ihn von Bielefeld nach Berlin gefahren.
Der eine: ein pensionierter Gymnasiallehrer, Biologie, Chemie und Physik. 72 Jahre alt, seit fast 20 Jahren chronisch krank. Es begann schleichend, beim Spazierengehen mit seiner Frau konnte er nicht mehr mithalten, dann verlor er das Gefühl in Beinen und Füßen. Diagnosen bekam er genug, doch so richtig konnte sich kein Arzt die fortschreitenden Lähmungen erklären. Als seine geliebte Frau an Krebs verstarb, verlor er alle Lebenskraft. Im Restaurant in Berlin sagt Richard S.: „Noch ist das Glas nicht leer, aber würden Sie mir helfen, wenn es zur Neige geht?“
Der andere: Michael de Ridder, Internist und Mitgründer eines Hospizes. Von dem Arzt ist bekannt, dass er sich dem Thema Sterbehilfe nicht verschließt. Zu diesem Zeitpunkt, Anfang 2015, ist die ärztliche Suizidhilfe noch straffrei. Im November 2015 verbietet der Bundestag die geschäftsmäßige Suizidhilfe. Im Februar 2020 hebt das Bundesverfassungsgericht das Verbot wieder auf, de Ridder war einer der Kläger. In einem Buch erklärt der 74-Jährige nun, warum er Schwerkranken bei der Selbsttötung hilft. Und erzählt darin auch seine Geschichte mit Richard S.
Herr de Ridder, wie haben Sie zuerst auf das Anliegen von S. reagiert?
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