„Oh Gott, was hätte aus mir werden können?“
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Es gibt einige Menschen, die erst im fortgeschrittenen Alter eine ADHS-Diagnose erhalten. Bild: Plainpicture
ADHS betrifft nicht nur Kinder, manche erfahren erst als Senioren, dass sie betroffen sind. Für viele ist die Diagnose im hohen Alter ein Schock – für andere eine Erleichterung.
Am Ende der E-Mail, die Renate Ganster mir schreibt, steht: „Für die paar Zeilen habe ich 75 Minuten gebraucht …“ Drei Wochen später, ein Besuch bei ihr zu Hause. Was an der E-Mail so lange gedauert habe, frage ich. „Während ich denke, schreibe ich nur Mist“, sagt die 84-Jährige. Hat Ganster einen Satz im Kopf schon zu Ende gedacht, schreibt sie ihn nicht fertig auf. Immer wieder sucht sie nach Wörtern, die ihr nicht einfallen wollen. Sie übersieht Rechtschreibfehler und springt im Satz zwei Zeilen weiter, ohne dass sie es merkt. „Totales Chaos. Ich hab so viel verbessern müssen!“
Erst mit 70 Jahren wurde bei Ganster die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, kurz ADHS, diagnostiziert. Noch hat die Wissenschaft nicht abschließend geklärt, was sie verursacht. Nach aktuellen Erkenntnissen liegt wahrscheinlich eine genetisch bedingte Stoffwechselstörung im Gehirn vor, bei der die Botenstoffe Dopamin und Noradrenalin im Ungleichgewicht sind. Sie sorgen normalerweise dafür, dass Signale von einer Nervenzelle zur anderen übertragen werden. Bei Menschen mit ADHS ist die Informationsübertragung gestört. Reize werden daher nur unzureichend gefiltert – es kommt zu einer permanenten Reizüberflutung. Betroffenen fällt es schwer, ihre Aufmerksamkeit auf eine Sache zu richten. Wichtiges können sie nicht von Unwichtigem trennen.
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