Als erstes Land : Schottland beschließt kostenfreie Menstruationsartikel
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Eine junge Frau hält einen Tampon in der Hand. Bild: Federico Gambarini/dpa
Wer Tampons oder Binden benötigt, soll sie auch bekommen – und zwar kostenlos. Das hat das Parlament in Edinburgh einstimmig beschlossen. Auch für einige öffentliche Toiletten gibt es neue Vorgaben.
Öffentliche Einrichtungen in Schottland müssen künftig kostenlose Tampons und Binden zugänglich machen. Ein Gesetz, das das Parlament in Edinburgh am Dienstagabend einstimmig verabschiedet hat, verleiht damit der schon vielerorts gängigen Praxis einen rechtlichen Rahmen. Die schottische Ministerpräsidentin Nicola Sturgeon sagte nach der Abstimmung, sie sei stolz, dass Schottland „als erstes Land der Welt kostenlose Menstruationsprodukte allen zur Verfügung stellt, die sie brauchen“.
Das Gesetz stellt die praktische Ausführung der Vorgaben ins Ermessen der 32 Kommunalverwaltungen. Als Grundregel gilt jedoch, dass Tampons und Binden „verhältnismäßig leicht“ und auf „würdevolle“ Weise „allen, die sie brauchen“, zugänglich gemacht werden müssen. Die Befürworter des Gesetzes argumentieren mit Umfragen, nach denen ein Viertel aller Frauen an schottischen Schulen und Universitäten keinen regelmäßigen Zugang zu Tampons oder Binden haben.
Landesweit verzichten bis zu 15 Prozent der Frauen aus Kostengründen auf die Verwendung von Hygieneartikeln für die Menstruation. 24 Prozent der Frauen sollen die Produkte über den empfohlenen Gebrauch hinaus nutzen. Laut der BBC liegen die Kosten für Sanitärartikel während der Periode bei bis zu zehn Euro. Vor allem Teenager und junge Frauen sollen aber auch aus Gründen der Scham davon absehen, sich Tampons oder Binden in einem Geschäft zu besorgen. Mehr als zwei Drittel der Dreizehn- bis Einundzwanzigjährigen fühlen sich laut Umfragen von solchen Einkäufen peinlich berührt. Jedes siebte Mädchen gibt zu, „nicht verstanden zu haben, was passiert“, als die Periode einsetzte.
Auch in England liegen seit Anfang des Jahres Tampons und Binden an Schulen aus. Die Regierung in London hat eine „Arbeitsgruppe Menstruationsarmut“ eingerichtet, die mit Aufklärungskampagnen die „Stigmata rund um die Periode“ bekämpfen will. Zugleich kündigte Schatzkanzler Rishi Sunak im März an, die Mehrwertsteuer auf Menstruationsartikel abzuschaffen, wenn Großbritannien Ende des Jahres aus der Übergangsphase mit der Europäischen Union austritt. In den vergangenen Jahren hatte die Regierung die Mehrwertsteuer auf einen Wert von fünf Prozent abgesenkt. Die von London angestrebte Abschaffung der sogenannten „Tampon-Steuer“ war aufgrund von EU-Vorgaben nicht möglich – ein Argument, das im Wahlkampf vor dem Brexit-Referendum eine nicht unerhebliche Rolle spielte.