Westafrika : Ebola-Epidemie außer Kontrolle
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Eine Unicef-Mitarbeiterin klärt über die Symptome von Ebola und die Verbreitung der Seuche in Voinjama, Liberia, auf Bild: REUTERS
Mehr als 700 Menschen sind in Westafrika bereits an Ebola gestorben. Bislang scheinen die Gegenmaßnahmen noch nicht zu greifen, die Seuche breitet sich scheinbar ungehindert aus.
Die Ebola-Epidemie in Westafrika ist nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) außer Kontrolle geraten. „Dieser Ausbruch entwickelt sich schneller als unsere Maßnahmen, ihn zu kontrollieren“, sagte die WHO-Generaldirektorin Margaret Chan am Freitag in Conakry. In der Hauptstadt Guineas kamen die Präsidenten der betroffenen Länder mit WHO-Vertretern zusammen, um über Maßnahmen zur Bekämpfung der Epidemie zu beraten. So sollte ein Notprogramm mit zusätzlichem Geld in Höhe von insgesamt 75 Millionen Euro beschlossen werden. Damit sollen Grenzkontrollen in der Region verschärft, Erkrankte früher identifiziert und systematische Behandlungen garantiert werden können. Guinea, Sierra Leone und Liberia erklärten das gemeinsame Grenzgebiet zur Quarantänezone. Die als Epizentrum der Seuche identifizierten Gegenden würden von der Polizei und den Streitkräften isoliert, Anwohner mit Hilfslieferungen versorgt.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO geht inzwischen von mehr als 1300 Infizierten in Westafrika aus, mindestens 729 Menschen überlebten die Ebola-Infektion nicht. Die Seuche breite sich „schneller aus als unsere Anstrengungen, sie zu kontrollieren“, sagte WHO-Generaldirektorin Margaret Chan in Conakry. Sollte sich die Lage weiter verschlechtern, sei mit „katastrophalen“ Folgen und einer Ausweitung auf andere
Länder zu rechnen. Chan sprach von der „weitaus größten“ Ebola-Seuche seit der Entdeckung des Erregers vor 40 Jahren.
Die Präsidenten Liberias und Sierra Leones, Ellen Johnson Sirleaf und Ernest Bai Koroma, sagten am Freitag ihre Teilnahme an einem Amerika-Afrika-Gipfel ab, der kommende Woche in Washington stattfinden soll. Ellen Johnson Sirleaf warnte, die Epidemie in ihrem Land nähere sich einer „Katastrophe“. Obwohl die Elfenbeinküste nicht betroffen ist, nahmen Vertreter des Landes an dem Treffen in Conakry teil. Vor dem Hintergrund des anstehenden Afrika-Gipfels in der kommenden Woche in Washington kündigte der amerikanische Präsident Barack Obama Kontrollen von Delegationsmitgliedern aus betroffenen Ländern an. Er sei überzeugt, dass die getroffenen Sicherheitsmaßnahmen „angemessen“ seien, sagte er im Weißen Haus.
Die Sorge vor der tödlichen Krankheit hat auch auf die Vereinigten Staaten übergegriffen. Am Freitag war ein Charterflugzeug nach Liberia gestartet, um zwei erkrankte Amerikaner nach Hause zu holen. In sozialen Netzwerken regte sich die Angst, auf diese Weise Ebola nach Amerika einzuschleppen. „So sehr ich die Arbeit der (Hilfsorganisation) Samaritan’s Purse respektiere, möchte ich niemanden mit Ebola nahe der USA haben“, twitterte eine besorgte Frau. Der Arzt und die Schwester seien in einem ernsten, aber stabilen Zustand, hieß es. Sie sollten zunächst nach Atlanta geflogen werden.
Das Auswärtige Amt rät von nicht notwendigen Reisen nach Liberia, Sierra Leone und Guinea ab. Trotz internationaler Bemühungen sei ein Ende der Epidemie nicht absehbar, heißt es in den aktualisierten Reise- und Sicherheitshinweisen des Ministeriums. Die medizinische Versorgung in den Staaten sei defizitär, eine Ausbreitung der Krankheit nicht auszuschließen.
Mehr als 700 Tote
Am Donnerstag hatte die WHO neue Daten zur Epidemie veröffentlicht. Demnach starben bei dem Ausbruch bis zum 27. Juli 729 Menschen. Binnen drei Tagen wurden damit 57 weitere Todesfälle registriert, 27 davon in Liberia, 20 in Guinea, neun in Sierra Leone und einer in Nigeria. Die Zahl registrierter Infektionen schnellte zwischen 24. und 27. Juli um 122 auf 1323.