Patient stabil, Prognose düster
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Eine Intensivstation in Recklinghausen, Nordrhein-Westfalen. Bild: dpa
Volle Kassen, viele Betten: Kein anderes Land fühlt sich medizinisch so gut gerüstet gegen Corona wie Deutschland. Doch schon in zwei Wochen könnte das System kollabieren.
Eine Klinik im Rheinland, Notdienst auf der Kinder- und Jugendstation, es ist Nachmittag. Die Kinderärztin Miriam Wagner schiebt seit zehn Stunden Bereitschaftsdienst in der Ambulanz. Zwei Stunden hat sie noch vor sich, vielleicht auch vier, niemand weiß das in diesen Tagen. Die Wartezimmer sind voll: mit kränkelnden Kindern, mit besorgten Eltern. Die meisten der kleinen Patienten haben Schnupfen und Husten, nichts Ungewöhnliches im ausgehenden Winter. Doch die Sorgen sind groß, dass mehr dahintersteckt, die neuen Chiffren von Angst und Siechtum: Corona, Sars-COV-2, Covid-19. „Alle denken an die Patienten, das ist okay“, sagt Wagner am Telefon. Ihre Stimme klingt müde und zugleich aufgebracht. „Aber wer denkt eigentlich an uns?“
Überstunden sind deutsche Ärzte gewohnt, auch fehlende Kollegen, quengelnde Patienten und Angehörige. Aber dass ihnen innerhalb weniger Wochen die Betten und das Material ausgehen könnten, das ist neu. Miriam Wagner, die eigentlich anders heißt, weiß nicht, woher sie in nächster Zeit ihre Schutzausrüstung bekommen soll, den Einmalkittel, den Mundschutz. Von den eigentlich nötigen FF3-Masken für medizinisches Personal gibt es jetzt schon viel zu wenige. „Die Kollegen und ich werden den ganzen Tag von Kindern angerotzt und können uns immer schlechter dagegen schützen“, sagt sie. Plötzlich spricht sie ganz leise: „Nächste Woche mache ich einen Corona-Test. Ich hoffe fast, dass er positiv ist, dann bleibe ich zu Hause wie alle anderen.“
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