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F.A.Z. exklusiv : Wie die Menschen in 15 Ländern über die Krise denken

Die meisten Österreicher halten die Maßnahmen ihrer Regierung für angemessen. Bild: dpa

Wer wäscht sich jetzt häufiger die Hände? Wer bleibt zu Hause? Hat die Regierung in der Corona-Krise gelogen? Forscher haben dazu 100.000 Menschen auf der ganzen Welt befragt. Die meisten Regierungen kommen besser weg als die Bürger.

          2 Min.

          Auf der Weltkarte, auf der die Unesco die globalen Schulschließungen sammelt, gibt es kaum noch weiße Flecken, in weniger als zehn Ländern sind die Schulen noch im ganzen Land offen. Das Coronavirus ist ein wahrhaft globales Ereigns. Doch bisher gibt es kaum internationale Studien dazu, wie sich die Bevölkerung in den Krisenländern verhält und wie sie die Regierungsmaßnahmen einschätzt.

          Gustav Theile
          Wirtschaftskorrespondent in Stuttgart.

          Eine internationale Umfrage unter mehr als 100.000 Teilnehmern liefert nun erste vergleichbare Daten, sie wurde von Ökonomen und Psychologen unter anderem der Universitäten Cambridge, Harvard, und Princeton durchgeführt. Die Ergebnisse liegen der F.A.Z. vorab vor. Für 15 Länder sind die Daten den Forschern zufolge als repräsentativ anzusehen, die meisten davon in West- und Mitteleuropa, dazu Amerika, Kanada, Russland, die Türkei, die Ukraine, Weißrussland. (Zu der Umfrage, die weiterhin läuft, geht es hier.)

          In zehn dieser Länder schätzen die Menschen die Reaktion der Regierung besser ein als die der Bevölkerung. Vor allem in Österreich sind die Menschen mit der Kurz-Regierung sehr einverstanden. Nur 15 Prozent der Österreicher halten die Maßnahmen dort für unzureichend, auch in Italien, Schweden und Deutschland sind weniger als zwei von fünf Menschen dieser Meinung. Mit ihren Mitmenschen gehen sie härter ins Gericht: Etwa jeder zweite findet das Verhalten der Bevölkerung unzureichend.

          „Es gibt kaum ein Land, wo die Bürger sagen, dass die Regierung zu viel macht“, sagt Jon Jachimowicz, der einer der Autoren ist und an der Harvard Business School lehrt. „In fast allen Ländern sagen die Leute aber, dass die Bevölkerung nicht genug macht.“

          In Frankreich und Spanien hält der Umfrage zufolge mehr als jeder zweite die Regierungsmaßnahmen für unzureichend. In Großbritannien sind es drei von vier Befragten, in Weißrussland, Russland, Amerika und der Türkei sogar mehr als vier von fünf. In diesen vier Ländern sowie in Spanien erhält die Bevölkerung dabei sogar ein besseres Zeugnis als die Regierung. Das Verhalten der Bürger sehen die Briten am kritischsten: Etwa sechs von sieben finden das unzureichend.

          Allerdings weicht die Einschätzung des Verhaltens stark von der tatsächlichen Reaktion ab. Denn auch das Verhalten haben die Forscher abgefragt. Die Empfehlungen, zu Hause zu bleiben, sich die Hände zu waschen oder Abstand zu halten, befolgen in fast allen Ländern mehr als 80 Prozent. Besonders gründlich sind die Österreicher, Kanadier, Franzosen, Spanier, Schweizer und sogar die Amerikaner. Die Deutschen liegen im Mittelfeld. Nachlässig sind die Weißrussen, die Russen und auch die Schweden.

          Auch die Frage, ob sie ihre Regierung für ehrlich halten, haben die Forscher gestellt. In den meisten westeuropäischen Ländern zweifeln deutlich weniger als 20 Prozent der Menschen die Ehrlichkeit ihrer Regierungen an, auch in Kanada ist dieser Wert sehr gering. Eine weitere Gruppe bilden die Regierung in Frankreich, Spanien und Großbritannien, wo jeweils etwa zwei von fünf Menschen daran zweifeln, dass die Regierung stets die Wahrheit gesagt hat über den Virusausbruch. Für besonders unehrlich halten die Bürger ihre Regierung dagegen in Weißrussland, der Türkei, Russland und, vermutlich wegen der wechselnden Haltungen des Präsidenten Trump, in den Vereinigten Staaten ab. Allerdings ergänzt Forscher Jachimowicz, dass Umfrageergebnisse in autoritäreren Staaten wie Russland oder Weißrussland eher vorsichtig interpretiert werden sollten, da es leicht zu Verzerrungen kommen könne.

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