Geldsorgen der Kunst : „Eine Konventionalstrafe ist in jedem guten Vertrag enthalten“
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Auch die Alte Oper in Frankfurt bleibt geschlossen. Bild: Francois Klein
Wegen des Coronavirus bleiben die größten kulturellen Einrichtungen in Frankfurt geschlossen. Das führt zu Unsicherheit und ungeklärten Rechtslagen – Theatermacher fürchten um ihre Existenz.
Von Freitag an sind Oper und Schauspiel Frankfurt, die Alte Oper und der Mousonturm bis auf weiteres geschlossen. Mehrere tausend Zuschauer werden nicht mehr in den Genuss von Kunst kommen – und viele Künstler bangen um ihre Existenz.
„Eine Katastrophe nach der anderen“, so beschreibt nicht nur Detlef Köhler vom Theater Grüne Soße seinen Arbeitsalltag. Köhler ist einer der künstlerischen Leiter des Theaterfestivals „Starke Stücke“. Dessen heutige Eröffnung in Friedrichsdorf ist abgesagt, etliche Vorstellungen können nicht stattfinden. Auch die Verleihung des Frankfurter Kindertheaterpreises Karfunkel wird ausfallen – alle städtischen Veranstaltungen im Römer und im Kaisersaal sind abgesagt, ebenso wie die Luminale, die auch die Fassade des Römers bespielen sollte.
Die Unsicherheit und Unklarheit machen den Künstlern gerade am meisten zu schaffen. Dass Großveranstaltungen mit mehr als 1000 Beteiligten von Freitag an bis 10. April abgesagt werden müssen, hat die Not für Veranstalter und Künstler nicht verringert. Zwar spielen die Staatstheater in Wiesbaden und Darmstadt weiter, eine Entscheidung aber werde stündlich erwartet, heißt es. In Mainz wurde die Besucherzahl im Großen Haus auf 500 beschränkt, so könne jeder mit Abstand sitzen, sagte eine Sprecherin. Bei Besucherzahlen unter 1000 entscheiden die Veranstalter selbst – nach Einschätzung des Risikos. Die fällt sehr unterschiedlich aus.
„In ihrer Existenz bedroht“
Vor allem die zahlreichen freischaffenden Künstler aber müssen nun massive Verdienstausfälle befürchten. Die Fraktion der Linken im Römer hat daher einen Etatantrag für den Haushalt 2020/21 gestellt: Fünf Millionen Euro soll ein Notfallfonds für Kulturschaffende und Kultureinrichtungen bereitstellen, die Einbußen aufgrund von Corona erleiden. Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) hat eine Notfallhilfe versprochen, wie diese aussehen soll, ist noch nicht bekannt. Auch wie schon zugesagte oder ausgezahlte Fördergelder abgerechnet werden, wenn Inszenierungen ausfallen oder Festivals abgesagt werden, ist offen. Sehr unterschiedlich sind die Regelungen der Verdienstausfälle bei fest engagierten, fest als freie Kräfte gebuchten oder ganz frei arbeitenden Künstlern und auch die Auslegungen der Formulierung „höhere Gewalt“.
„Die gesamte Kultur- und Veranstaltungsbranche ist im Moment in ihrer Existenz bedroht“, stellt das kleine Theater Alte Brücke in Sachsenhausen fest. Und spricht eine Bitte aus, die subventionierte Häuser so nicht formulieren würden: Besucher sollten doch von Rückforderungen absehen und ein schon bezahltes Ticket verschmerzen. Denn ein Umtausch überfordere gerade die kleinen Theater, und sie seien auf Solidarität der Besucher angewiesen – wenn es nach Corona noch eine funktionierende Kulturlandschaft geben solle.
Der Sänger und Kabarettist Jo van Nelsen etwa ist nicht nur selbst von den ersten Absagen betroffen, er weiß von zahlreichen Kollegen, die Angst hätten, auch, dass Veranstalter schon einen schleppenden Vorverkauf zur Absage nutzen könnten. Aber: „Eine Konventionalstrafe ist in jedem guten Vertrag enthalten“, sagt van Nelsen. Noch schlimmer treffe es Kollegen, die nach dem immer häufiger üblichen Vertrag auf Eintrittsbasis aufträten. Die derzeitige unklare Lage erschwere aber auch die Akquise für nächste Spielzeiten.
Auch die Kinos verzeichnen einen wenn auch noch leichten Besucherrückgang. Christopher Bausch, Betreiber der Kinos Cinema und Harmonie, versucht, einen eigenen Weg zu finden – solange er spielen darf. So würden etwa die Vorstellungszeiten auseinandergezogen, damit das Foyer nicht so voll werde. Außerdem arbeite das Online-Portal Kinoheld gerade daran, die Ticketbuchung so zu programmieren, dass automatisch Sitzabstände zu den nächsten Buchern eingezogen werden. Wenn am 23. März Christian Petzolds „Undine“ Frankfurt-Premiere habe, sei das Kino aber restlos ausverkauft.