Motorradfans als Superspreader : Ist ein Biker-Festival Schuld an 250.000 Corona-Infektionen?
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Biker bei der diesjährigen Sturgis Motorcycle Rally. Bild: AP
Trotz Corona-Pandemie haben Hunderttausende Motorradfans ein Biker-Festival in der amerikanischen Kleinstadt Sturgis besucht. Auf Masken und Abstand wurde verzichtet. Die Folgen könnten verheerend sein.
Das traditionelle Motorradtreffen in der amerikanischen Kleinstadt Sturgis, für das im August einige hunderttausend Biker nach South Dakota kamen, könnte mehr als 250.000 Infektionen mit dem Coronavirus ausgelöst haben. Wie amerikanische Wirtschaftswissenschaftler errechneten, würde die Behandlung der Infizierten mehr als zwölf Milliarden Dollar kosten. Die Untersuchung, die jetzt durch das Wirtschaftsforschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn veröffentlicht wurde, wertete das Motorradtreffen, das vom 7. bis 16.August in den entlegenen Black Hills stattfand, als Superspreading-Event.
Die meisten der mehr als 460.000 Biker hatten auf Masken und Abstand verzichtet. Zudem feierten Tausende tagelang zusammen in den Bars, Restaurants und Hotels von Sturgis. Für die Studie „The Sturgis Motorcycle Rally and Covid-19“ hatten die Wirtschaftswissenschaftler die Daten von Mobiltelefonen der Besucher ausgewertet. Nach Vorbild früherer Untersuchungen setzten sie die Kosten für einen Covid-19-Fall dabei mit durchschnittlich 46.000 Dollar an. „Vor dem Hintergrund der Gesamtkosten hätte man jedem der 462.182 Besucher jeweils 26.553 Dollar dafür zahlen können, nicht teilzunehmen“, fasst die Studie zusammen.
Absage wäre nutzlos gewesen
Das Motorradtreffen in Sturgis zieht seit mehr als 80 Jahren Biker aus allen Teilen der Vereinigten Staaten in die Black Hills. Obwohl die Gesundheitsbehörden seit Beginn der Pandemie vor Großveranstaltungen warnten, hatte der Stadtrat gegen eine Absage der Rally gestimmt. Die Motorradfahrer, so die Begründung, würden auch ohne offizielles Programm nach Sturgis kommen.
Vier Tage nach Ende der Veranstaltung meldeten die Gesundheitsbehörden in South Dakota die erste Infektion, als das Coronavirus in Sturgis bei einem Tätowierer nachgewiesen wurde. Da der Infizierte vier Tage lang Besucher tätowiert hatte, erwarteten die Behörden weitere Ansteckungen. Drei Wochen nach dem Motorradtreffen war die Zahl der Infektionen auf 100 gestiegen.
Auch Gesundheitsämter in acht weiteren Bundesstaaten registrierten damals Covid-19-Infektionen in Verbindung mit der Veranstaltung. In South Dakota stieg die Zahl der Corona-Fälle in den vergangenen zwei Wochen um mehr als 130 Prozent an. Im benachbarten Minnesota verstarb inzwischen ein Sechzigjähriger nach einer Covid-19-Infektion, der zuvor einige Tage bei dem Motorradtreffen verbracht hatte.
„Die Untersuchung stimmt hinten und vorne nicht“
Die Gouverneurin von South Dakota, Kristi Noem, wies die IZA-Studie zu Sturgis derweil zurück. Die Republikanerin und Anhängerin von Präsident Donald Trump warf den Wirtschaftswissenschaftlern vor, Zahlen erfunden und mit Spekulationen hochgerechnet zu haben. „Die Untersuchung stimmt hinten und vorne nicht“, sagte Noem dem konservativen Sender Fox.
Die Gouverneurin sprach von nur etwa 120 Corona-Infektionen in South Dakota, die mit dem Motorradtreffen in Verbindung gebracht würden. Mit knapp 900.000 Menschen gehört der Bundesstaat im Mittleren Westen zu den am dünnsten besiedelten Regionen Amerikas. Bislang meldeten die Behörden für den Mount Rushmore State mehr als 15.000 bestätigte Infektionen und etwa 170 Covid-19-Tote.