So läuft das Homeschooling : „Jetzt bricht morgens wieder die Panik aus“
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Allein, allein: Eine Schülerin der 3. Klasse arbeitet zu Hause am Schreibtisch. Bild: Picture-Alliance
Spätestens am Montag hat für viele Schüler der Unterricht wieder angefangen – allerdings zu Hause. Wie läuft der Distanzunterricht im neuen Jahr?
Um 9.25 Uhr war das Arbeitspensum geschafft
Jetzt bricht morgens wieder die Panik aus. Vergangene Woche war das schon so, da fing in Berlin die Schule an. Der Montag verstrich noch in allgemeiner Betriebsamkeit. Es vergeht ja leicht eine Stunde, bis alle Arbeitsblätter ausgedruckt und sortiert sind. Da war mein Sohn noch voller Elan, schon im Morgengrauen stürzte er sich auf die Aufgaben. Doch bereits am Dienstag machte sich Ernüchterung breit. Um 9.25 Uhr war das Arbeitspensum geschafft, verkündete der Kleine mit unverhohlenem Stolz, während ich vor Schreck fast das Smartphone fallen ließ, mit dem ich gerade meinen eigenen Arbeitstag offiziell einläuten wollte.
Vorarbeiten ist ja aus pädagogischen Gründen eher nicht erwünscht, deshalb ist jetzt Beschäftigungstherapie gefragt: Mittags Koch-AG, am Nachmittag Sportunterricht auf dem Trampolin, die Anweisungen rufe ich zwischen zwei Telefonaten rein. Möglichst zeitnah sollten auch die Anfragen der Lehrerin bearbeitet werden, wo denn die Arbeitsnachweise der großen Tochter blieben; bis dieses Missverständnis aufgeklärt ist, vergeht die Zeit, die ich sonst in der Kaffeeküche verschwatzt hätte. Da gilt es eigene Bildungsschwerpunkte zu setzen, gerne auch mit den Profis aus Hollywood. Sollte irgendetwas aus der Pandemie eindrücklich in Erinnerung bleiben, dann die opulent verfilmten Biographien, die wir den Kindern abends auftischen. Wolfgang Amadeus Mozart, Jane Austen, Stephen Hawking: Große Geister in widrigen Lebensumständen. Das relativiert jeden Lockdown. (cbu.)
„Mein Freund muss immer zu den Nachbarn“
Unser Redakteur Marco Dettweiler hat vorgeschlagen, dass sein Sohn selbst etwas schreibt. Hier der Bericht von Mateo, zehn Jahre alt, Homeschooling-Veteran und Zehn-Finger-Schreiber:
„Ich finde das Homeschooling einerseits gut. Andererseits schlecht. Ich finde es schlecht, weil ich meine Freunde oder meine Lehrerin nicht mehr sehe. Ich finde es aber auch gut, weil ich dann die ganze Zeit zu Hause bin. Ich habe jeden Tag einen Plan, was ich alles machen muss. Darin sind Aufgaben wie Gitarre spielen, Joggen, Lesen, Puzzeln oder Schule machen. Wenn ich alle Aufgaben abgearbeitet habe, kann ich Nintendo Switch spielen oder Fernsehen gucken.
Im Homeschooling lerne ich weniger, weil in der Schule kommt ein Lehrer oder eine Lehrerin und erklärt etwas an der Tafel. Im Homeschooling nicht. Nicht jeder hat das Homeschooling, was ich habe. Meine Eltern sind nämlich auch im Homeoffice. Bei meinem Freund ist das anders. Der muss immer zu den Nachbarn rübergehen, weil seine Eltern auf der Arbeit sind.“
„Ach, hast du heute frei?“
Im Vergleich zum ersten Mal ist da jetzt viel Routine. Als Vater weiß man, wo genau auf dem Schulhof die Kiste mit den vorbereiteten Aufgaben für die jüngere Tochter steht. Die ältere Tochter trägt unterm Bademantel sicherheitshalber schon ein T-Shirt, falls bei einem der drei Klassenchats an diesem Tag vom Lehrer der Wunsch kommt, dass die Schüler die Kameras einschalten. Und weil auch der Vater einen Vormittag voller Konferenzen hat, hat er den Wochenplan der Jüngeren rechtzeitig danach durchgeschaut, ob noch irgendwelche Seiten auszudrucken sind, bevor sie ihn selbständig bearbeitet.