Streeck-Studie : Regierung Laschet wusste frühzeitig von PR für „Heinsbergprotokoll“
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Falsch informiert: Armin Laschets Regierung wusste von der Zusammenarbeit zwischen Hendrik Streeck und „Storymachine“. Bild: dpa
Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen war schon Anfang April über die Zusammenarbeit zwischen dem Bonner Virologen Streeck und der Agentur Storymachine informiert.
Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen war schon frühzeitig von einer Beteiligung der Berliner PR-Agentur Storymachine um den ehemaligen Chefredakteur der „Bild“-Zeitung, Kai Diekmann, an der Studie in Heinsberg informiert. Das geht aus der Antwort der Landesregierung unter Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) auf eine Kleine Anfrage der SPD-Fraktion im Landtag hervor, in der ausdrücklich auf das Unternehmen Storymachine verwiesen und gefragt wird, wer die Agentur beauftragt und bezahlt habe. Wie das Politmagazin der ARD, „Kontraste“, am Montagabend berichtete, teilte die Landesregierung in ihrer Antwort mit, sie sei schon zum „Auftakt der entsprechenden Facebook-Seite“ von der Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Storymachine informiert gewesen.
Der Bonner Virologe Hendrik Streeck hatte mit der PR-Agentur eine mediale Begleitung in den sozialen Medien vereinbart, die Facebook-Seite „Heinsbergprotokoll“ war am 3. April erstellt, ein erster Beitrag drei Tage später online gestellt worden. Am 9. April hatten Streeck und Laschet gemeinsam erste Zwischenergebnisse der Studie präsentiert, die das Infektionsgeschehen nach einem Corona-Ausbruch Mitte Februar in der Gemeinde Gangelt im Landkreis Heinsberg untersucht.
Laschet wurde am 9. April auf der Pressekonferenz auch danach gefragt, ob die PR-Arbeit der umstrittenen Agentur vom Land bezahlt werde. Daraufhin sagte der Ministerpräsident, dass das Land eine wissenschaftliche Studie fördere. Wer darüber hinaus „wie wen berät bei dieser großen Öffentlichkeitsarbeit, die da ja im Moment wohl weltweit da ist, entzieht sich der Kenntnis des Landes“. Das Land jedenfalls habe keine PR bezahlt. Zugleich sagte Laschet, dass er die Kleine Anfrage, in der Storymachine eigens erwähnt wird, kenne und er sie „ungewöhnlicherweise am heutigen Tage“ noch beantworten werde, „damit solche verstörenden Anfragen direkt aufgeklärt sind aus Sicht des Landes“.
Auch am 19. April wird Laschet zu der Arbeit der PR-Agentur im „Deutschlandfunk“ befragt, worauf er sagt, dass er diese Studie nicht beauftragt habe und es ihm auch „etwas zu kleinteilig“ sei, „jetzt darüber zu diskutieren, welche PR- oder welche Pressestelle die Studie begleitet hat“. Gegenüber „Kontraste“ hatte die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion im Landtag, Sarah Philipp, das Vorgehen der Landesregierung kritisiert: „So wie es aussieht, ist die Aussage einfach falsch, dass die Landesregierung von all dem nichts gewusst haben will. Ich glaube ihr es jedenfalls nicht.“
Die Staatskanzlei verwahrte sich allerdings am Dienstag gegen den Versuch des Magazins „Kontraste“, Laschets Zitate als Versuch darzustellen, die Landesregierung habe nichts von der Arbeit der betreffenden PR-Agentur gewusst. Der Ministerpräsident habe vielmehr zum Ausdruck bringen wollen, dass er „keinen Einfluss auf die konkrete Ausgestaltung der Öffentlichkeitsarbeit zur Studie der Bonner Wissenschaftler hatte. Sie enthalten keine Aussage über den Zeitpunkt der Kenntnisnahme“.
Das Land Nordrhein-Westfalen finanziert die Studie mit einer Summe von 65.315 Euro mit. Laschet hatte sich schon früh für Lockerungen der Corona-Maßnahmen eingesetzt. Die Ergebnisse der Studie, nach der schon mehr Personen in Gangelt gegen das Virus immun sind als zuvor angenommen, schienen die Forderungen des Ministerpräsidenten dabei zu unterstützen.
Auch der PR-Agentur wird nachgesagt, die Studie – die Zusammenarbeit endete bereits wieder am 12. April – in diesem Sinne medial begleitet zu habe. Es sei der Eindruck zurückgeblieben, „dass da schon vorher die Ergebnisse bekannt waren und schon vorher auf diese Ergebnisse hin agiert wurde“, sagte die Karlsruher Professorin für Wissenschaftskommunikation, Annette Leßmöllmann, dem Magazin „Kontraste“.