Verfolgung von Neuinfektionen : Offizielle Tracing-App startet am Dienstag
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Eine Passantin hält in Stuttgart einen Mund-Nasen-Schutz und ein Smartphone in der Hand. Bild: dpa
Mit wochenlanger Verspätung soll die Corona-App des Bundes nun in die App-Stores kommen. Die letzten Tests seien gut verlaufen, heißt es, die App sei aber „nicht perfekt“. Datenschützer Kelber sagt, die Lösung mache „einen soliden Eindruck“.
Die offizielle Coronavirus-Warnapp des Bundes soll am Dienstag vorgestellt und freigeschaltet werden. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur (dpa) am Sonntag in Berlin. Damit bestätigt sich eine entsprechende Meldung der Sender RTL und n-tv vom Freitag. Letzte Tests seien gut verlaufen, berichtet die dpa unter Berufung auf ungenannte Quellen. In den App-Stores von Google und Apple könne die Software demnach bereits am Montag heruntergeladen werden.
Mit der App sollen die Corona-Infektionsketten besser nachvollzogen werden können. Sie soll dafür sorgen, dass sich das neuartige Coronavirus bei einer Lockerung der Schutzmaßnahmen nicht wieder stark ausbreitet und es nicht zu einer sogenannten zweiten Welle kommt. Vorgestellt werden soll die App nach weiteren Informationen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), Vertretern der an der Entwicklung beteiligten Unternehmen T-Systems und SAP sowie Kanzleramtschef Helge Braun (CDU).
Besitzer eines geeigneten Smartphones können freiwillig entscheiden, ob sie die App installieren wollen. Die Software kann auch nachträglich wieder deaktiviert oder deinstalliert werden. Sie misst über den Kurzstreckenfunk Bluetooth, ob sich Anwender der App über einen Zeitraum von 15 Minuten oder länger näher als ungefähr zwei Meter gekommen sind. Dabei werden stoßweise alle zweieinhalb bis fünf Minuten anonymisierte Identifikationsnummern übertragen. Der Ort der Begegnung wird nicht erfasst. Wird ein Nutzer positiv auf das neuartige Coronavirus Sars-Cov2 getestet und teilt er diese Information in der App, werden die anderen Anwender darüber informiert, dass sie sich in der Vergangenheit in der Nähe einer infizierten Person aufgehalten haben.
„Eine gute Lösung, aber nicht perfekt“
SAP-Manager Jürgen Müller sagte der dpa, man sei „überzeugt, dass wir eine gute Lösung haben, mit der man starten kann – auch wenn wir wissen, dass sie nicht perfekt ist“. Das Fraunhofer Institut IIS in Erlangen spielte bei Tests der deutschen konkrete Szenarien durch: Sitzen in einem Restaurant, Schlangestehen, Aufenthalt in öffentlichen Verkehrsmitteln. Dabei wurde gemessen, wie präzise die Smartphones die Entfernung erkannten. „Beim realen Einsatz werden wir noch mehr lernen“, sagte Müller.
Die App hätte schon Ende April verfügbar sein sollen. Zu diesem Zeitpunkt entschied die Bundesregierung jedoch, nicht mehr das ursprüngliche Projektteam, sondern die Unternehmen SAP und T-Systems mit der Umsetzung zu beauftragen. Kanzleramtschef Braun gestand Versäumnisse bei der Entwicklung ein. „Aus heutiger Sicht hätten wir die Entscheidung, die Unternehmen mit der technischen Umsetzung der Corona-App zu betrauen, zehn Tage früher treffen sollen“, sagte der CDU-Politiker der „Welt am Sonntag“. Differenzen im ursprünglichen Projektteam hätten einen schnellen Erfolg verhindert.
Datenschützer: Solider Eindruck
Bei der App wird ein mehrstufiges Datenschutzkonzept umgesetzt. Der Bundesbeauftragte für Datenschutz, Ulrich Kelber, äußerte sich darüber positiv: „Was vorliegt, macht insgesamt einen soliden Eindruck“, sagte Kelber der „Saarbrücker Zeitung“. Allerdings mahnte er eine zeitnahe Vorlage relevanter Dokumente an. „Mir ist besonders wichtig, dass die relevanten Dokumente zum Datenschutz, insbesondere die Datenschutzfolgeabschätzung, zum Start der App fertig sind“, sagte Kelber. Sie sollten ab dem ersten Tag öffentlich sein, um in der Bevölkerung Vertrauen und Akzeptanz zu schaffen.
Nach der Veröffentlichung beginne die nächste Phase der notwendigen Arbeiten, sagte Kelber. „Ich bin zuversichtlich, dass die beteiligten Unternehmen offene Punkte und eventuell auftretende Erkenntnisse schnellstmöglich angehen.“ Grüne und Linke hatte darüber hinaus eine eigene gesetzliche Grundlage für die App gefordert, um Diskriminierungen bei Alltagsgeschäften für Menschen zu verhindern, die die App nicht einsetzen wollen.