Corona in Deutschland : Sieben-Tage-Inzidenz steigt – 11.561 Neuinfektionen
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Corona-Testerin in Hannover Bild: dpa
Das Robert Koch-Institut hat seit dem Vortag 11.561 Neuinfektionen registriert. Der Bundestag entscheidet heute über die Verlängerung der „epidemischen Lage“ über den 11. September hinaus.
Die Sieben-Tage-Inzidenz ist wieder angestiegen. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) vom Mittwochmorgen lag sie bei 61,3. Am Vortag hatte der Wert 58,0 betragen, vor einer Woche 40,8. Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem RKI binnen eines Tages 11.561 Corona-Neuinfektionen. Das geht aus Zahlen hervor, die den Stand des RKI-Dashboards von 4.00 Uhr wiedergeben. Vor einer Woche hatte der Wert für Deutschland bei 8324 Ansteckungen gelegen.
Deutschlandweit wurden den neuen Angaben zufolge binnen 24 Stunden 39 Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 22 Todesfälle gewesen. Das RKI zählte seit Beginn der Pandemie 3.889.173 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2. Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte deutlich höher liegen, da viele Infektionen nicht erkannt werden.
Die Inzidenz war in der Pandemie bisher Grundlage für viele Corona-Einschränkungen, etwa im Rahmen der Ende Juni ausgelaufenen Bundesnotbremse. Künftig sollen daneben weitere Werte wie Krankenhauseinweisungen stärker berücksichtigt werden.
Die Zahl der Genesenen gab das RKI mit 3.710.500 an. Die Zahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit Sars-CoV-2 gestorben sind, stieg auf 92.061.
Der Bundestag berät an diesem Mittwoch über die Verlängerung der „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ wegen der Corona-Pandemie. Die festgestellte Lage gibt dem Bund das Recht, direkt ohne Zustimmung des Bundesrates Verordnungen zu erlassen, etwa zu Tests, Impfungen, zum Arbeitsschutz oder zur Einreise. Zudem beziehen sich konkrete Maßnahmen wie Maskenpflicht oder Kontaktbeschränkungen, die die Länder festlegen können, laut Infektionsschutzgesetz auf die Feststellung der „epidemischen Lage“. Aus der Opposition kam vor der Abstimmung Kritik an der von den Koalitionsfraktionen beantragten Verlängerung.
Kritik von der Opposition
„Die Bundesregierung hat uns auf unsere Nachfrage nicht einmal ansatzweise überzeugend darlegen können, dass eine Überlastung des Gesundheitssystems absehbar droht“, sagte der FDP-Parteivize Wolfgang Kubicki dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Dies sei aber die zwingende rechtliche Voraussetzung für die Verlängerung dieser Notlage. „Dass breitflächige Grundrechtseinschränkungen und Verordnungsermächtigungen mit einer Ausnahmesituation begründet werden, die gar nicht mehr vorhanden ist, ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verfassungsrechtlich nicht haltbar.“
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte dem RND, eine unveränderte Verlängerung der „epidemischen Lage“ halte sie für falsch. „Die Pandemie ist noch nicht vorbei, wir müssen weiterhin vorsichtig sein.“ Dennoch sei durch die Impfstoffe die Lage eine andere als noch im Winter. „Wir brauchen jetzt eine Regelung, die für die neue Situation passt und der Zahl der Geimpften Rechnung trägt, kein Weiter-so“. Es müssten die Voraussetzungen geschaffen werden „für eine rechtssichere befristete Fortführung bestimmter, auf die aktuelle Covid-19-Situation zugeschnittener Maßnahmen wie Masken, AHA-Regeln und Tests“.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder hatten den Bundestag gebeten, „zu erwägen“, die epidemische Lage über den 11. September hinaus zu verlängern. Der Bundestag hatte zuletzt am 11. Juni festgestellt, dass die Sonderlage wegen der Corona-Pandemie fortbesteht. Damals stimmten die Fraktionen von AfD, FDP und Die Linke dagegen. Die große Mehrheit der Regierungsfraktionen stimmte zu, auch ein Großteil der Grünen votierte trotz Kritik mit Ja.
Keine Debatte über Inzidenz als Gradmesser
Die geplante Abkehr von der Inzidenz als alleinigem Gradmesser für Einschränkungen steht an diesem Mittwoch noch nicht zur Beratung an. Diese Neuregelung im Infektionsschutzgesetz könnte in einer weiteren Sitzung vor der Bundestagswahl im September beschlossen werden. Der bisherige Inzidenzwert von 50, der noch im Infektionsschutzgesetz als Richtwert für schärfere Maßnahmen verankert ist, soll nach den Plänen der Bundesregierung gestrichen werden, weil sich durch die Impfungen die Lage verbessert hat. Künftig soll die Zahl der Krankenhausaufnahmen wegen Covid-19 entscheidend sein. Welche Zahl oder Zahlen hier konkret welche Maßnahmen nach sich ziehen werden, ist aber noch offen.
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hält bei starkem Infektionsgeschehen weitergehende Einschränkungen für Ungeimpfte für notwendig. „Wenn die Fallzahlen weiter so rapide steigen, insbesondere in Nordrhein-Westfalen, dann wird es notwendig werden, die Regeln für Ungeimpfte zu verschärfen“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Dazu zählt dann auch eine möglichst konsequente 2G-Regel, zumindest in den Bereichen, wo ein sehr hohes Risiko besteht.“ Damit ist gemeint, dass etwa bestimmte Veranstaltungen nur für Geimpfte oder Genesene zugänglich sind – nicht aber für andere Menschen, selbst wenn diese einen negativen Corona-Test haben.
Hamburg mit umstrittenen Modell
Der Hamburger Senat hatte am Dienstag ein entsprechendes „Optionsmodell“ beschlossen: Gastronomie, Clubs, Kneipen und Kultureinrichtungen in Hamburg können ihre Kapazitäten von Samstag an nahezu wieder vollständig nutzen, sofern Ungeimpfte keinen Zutritt haben. Bereits seit Montag gilt in immer mehr Bundesländern „3G“: Zutritt zu vielen öffentlichen Innenräumen wird nur Geimpften, Genesenen oder Getesteten gewährt.