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Klopapier und Coronavirus : Völlig von der Rolle

Die Angst der Hamsterer: Das Klopapier könnte ausgehen. Bild: Picture-Alliance

Die Sorge vor dem Coronavirus greift immer weiter um sich. Die Hamsterkäufer scheinen es vor allem auf eines abgesehen zu haben: Toilettenpapier. Das treibt mitunter seltsame Blüten.

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          Das Ausmaß der Corona-Panik nimmt inzwischen krude Züge an: Im Internet kursieren nicht nur allerhand Bilder von leergefegten Supermarkt-Regalen, auch die Preise für Desinfektionsmittel und Klopapier schnellen bei vielen Online-Anbietern enorm in die Höhe. Wer bei dem Internet-Großhandel Amazon dieser Tage eine 100-Milliliter-Flasche Händedesinfektionsgel kaufen will, der stößt mitunter auf Preise von 50 Euro und mehr für Produkte, die vor der Epidemie für gut ein Fünftel des Preises vertrieben wurden.

          Kira Kramer
          Redakteurin vom Dienst bei FAZ.NET.

          Das begehrteste Gut der Hamsternden scheint derzeit allerdings Toilettenpapier zu sein: Aufsehen erregt ein Video aus Australien, das zeigt, wie sich drei Frauen schubsen, an den Haaren reißen und anschreien. Entbrannt ist der Streit offenbar an dem Toilettenpapier, das zwei der Frauen paketweise in ihrem Einkaufwagen gestapelt haben, während eine andere leer ausgeht. Eine der Frauen brüllt: „Ich will nur eine Packung!“ Die anderen beiden schützen ihren Einkaufswagen und weigern sich etwas abzugeben. Wegen des handgreiflichen Streits in einem Supermarkt in Sydney musste am Samstag die Polizei anrücken.

          Klopapier-Verkauf rationiert

          Doch auch schon zuvor waren Hamsterkäufe in Australien in Gewalt umgeschlagen. Bereits Mitte der Woche ging es dabei vor allem um das heißbegehrte Toilettenpapier. Im Bundesstaat New South Wales sahen sich Beamte gezwungen, einen Elektroschocker gegen einen Mann einzusetzen, der im Streit um Klopapier handgreiflich geworden war. In einem anderen Fall hatte ein Kunde im Gerangel um eine Packung des begehrten Guts ein Messer gezückt. Auch in diesem Fall rückte die Polizei an. Zuvor hatte es ein Lastwagen in die nationalen Schlagzeilen geschafft, der wegen eines technischen Effekts in Brand geraten war. Eine ganze Ladung Klopapier ging zusammen mit dem Fahrzeug in Flammen auf und heizte die apokalyptische Stimmung in einigen Supermärkten weiter an.

          Angesichts des Ansturms auf die Geschäfte beschloss die australische Supermarktkette Woolworth daraufhin, die Klopapier-Verkäufe zu rationieren. Künftig dürfte jeder Kunde jeweils nur noch vier Packungen kaufen, „um sicherzustellen, dass mehr Kunden Zugang zu den Produkten haben“, teilte Woolworth mit. Deutlich humoristischer ging die australische Morgenzeitung „NT News“ mit der gestiegenen Nachfrage um. Nach dem Motto „kein Klopapier, kein Problem“ fügte sie ihrer Publikation eine acht Seiten starke Beilage einlagiges Klopapier zum selber zuschneiden hinzu.

          Aber auch in Deutschland verzeichnen die Händler eine rege Nachfrage, einige Händler vermelden eine Steigerung der Nachfrage von 60 bis 70 Prozent, viele Twitter-Nutzer klagen über leer gekaufte Regale. Während einige inzwischen ihre gehamsterten Toilettenpapier-Rationen auf Ebay für horrende Summen feilbieten, stehlen andere Desinfektionsmittel, wo sie nur können: Bei der Polizeiakademie in Ruhleben sind nach Angaben des „Tagesspiegels“ 94 Flaschen Desinfektion-Flüssigkeit geklaut worden, weil die Lieferung ungesichert auf dem Flur gestanden hatte.

          Auch verschiedene deutsche Kliniken und Arztpraxen hatten zuvor bereits darüber geklagt, dass bei ihnen Desinfektionsmittel und Schutzmasken entwendet worden seien. Sogar aus den in Krankenhäusern aufgestellten Spendern hätten besonders dreiste Diebe sich das Desinfektionsmittel in Flaschen abgefüllt, bestätigt ein baden-württembergisches Krankenhaus.

          Das Robert-Koch-Institut betont hingegen, dass Desinfektionsmittel und auch Schutzmasken gegen das Coronavirus im Alltag unnötig seien. Wasser und Seife reichen demnach völlig aus. Was die Menschen hingegen mit massenhaft Toilettenpapier gegen das Virus ausrichten wollen, bleibt fraglich. Das Satire-Magazin „Postillon“ jedenfalls hat vorsorglich schon einmal die zehn besten Rezepte für Nudeln mit Klopapier zusammengestellt.

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