Spahn über das Coronavirus : Grenzschließung und Event-Absagen nicht verhältnismäßig
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Gesundheitsminister Jens Spahn bei der Pressekonferenz zur Entwicklung des Coronavirus am Montag Bild: AFP
Gesundheitsminister Jens Spahn hat sich gegen Grenzschließungen wegen des Coronavirus ausgesprochen, auch Direktflüge zwischen China und Deutschland sollen nicht eingestellt werden. Die EU hält das Ansteckungsrisiko indes für „hoch“.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hält eine Schließung von Grenzen wegen der Ausbreitung des neuen Coronavirus in Deutschland weiter nicht für nötig. Auch die Absage von Großveranstaltungen oder die Schließung von Unternehmen sei nicht generell ratsam, sagte Spahn am Montag in Berlin. Dies sei weiter nicht verhältnismäßig und angemessen.
Grenzschließungen hätten massive Auswirkungen. Auch gegen eine Einstellung von Direktflügen zwischen China und Deutschland wandte sich Spahn. Ein solcher Schritt könne dazu führen, dass bis zu rund 30.000 Deutsche aus China ausgeflogen werden müssten.
Bei Firmen und Veranstaltungen zähle immer der Einzelfall. „Jedes Unternehmen muss es bewerten“, sagte Spahn. Es mache einen Unterschied, ob ein Betrieb lediglich regional tätig sei oder in einen internationalen Konzern regelmäßig Mitarbeiter aus dem Ausland kämen. Für Großveranstaltungen gelten laut Spahn unter anderem folgende Parameter: „Wie ist der Teilnehmerkreis? Sind Teilnehmer aus Risikogebieten dabei? (...) Oder sind keine dabei?“ Auch die Frage, wie die Belüftung geplant sei, sei wichtig. Statt eine Veranstaltung abzusagen, könnten auch Auflagen gemacht werden. Nur die Gesundheitsbehörden vor Ort könnten dann entscheiden.
„An bestimmten Stellen in Deutschland wird der Alltag ein Stück eingeschränkt sein müssen“, sagte Spahn etwa mit Blick auf Schulschließungen. Es gelte, die Virus-Ausbreitung zu verlangsamen, einzudämmen und damit für den einzelnen, aber auch für die gesamte Gesellschaft besser handelbar zu machen. Spahn verteidigte, dass beispielsweise nicht der Karneval in Deutschland pauschal abgesagt worden sei. Er verwies auf die damals geringe Zahl von Infektionen und nachvollziehbare Infektionsketten.
Die EU hingegen hält das Risiko für eine Ansteckung mit dem Coronavirus in Europa nun für „hoch“. Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) habe das Risikoniveau von „mittel auf hoch“ gesetzt, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Montag in Brüssel. „Mit anderen Worten: Das Virus breitet sich weiter aus.“
In der EU gebe es nun 2100 bestätigte Ansteckungsfälle in 18 EU-Ländern, sagte EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides. 38 EU-Bürger starben demnach an den Folgen der Infektion. „Italien sieht sich mit einer anderen Situation konfrontiert, als die anderen Mitgliedstaaten“, sagte die zyprische EU-Kommissarin. Italien zählt mit fast 1700 Fällen bei weitem die meisten Ansteckungen.
In Deutschland bestätigten die Behörden insgesamt 150 Fälle, die meisten davon in Nordrhein-Westfalen. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson sagte, es seien dennoch „bis auf Weiteres keine Grenzkontrollen an den Binnengrenzen“ geplant.
Weltweit wurden am Montagmorgen knapp 90.000 Ansteckungsfälle in 68 Ländern verzeichnet. Die Zahl der Todesfälle überschritt 3000. Das neuartige Virus war erstmals Ende 2019 in China aufgetreten und breitete sich zunächst besonders dort aus. Weitere besonders betroffene Gebiete sind mittlerweile etwa Südkorea, Iran und der Norden Italiens.