Reisen in Zeiten von Corona : Bundesregierung rät von allen nicht notwendigen Auslandsreisen ab
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Reisender vor einem Check-in-Counter am Schipho Airport in Amsterdam Bild: EPA
Bisher riet die Bundesregierung nur von Reisen in stark vom Coronavirus betroffene Länder ab. Jetzt wird die Empfehlung ausgeweitet. Der Grund: Es wird immer schwieriger, zurückzukommen. Zugleich vollzieht Tui einen drastischen Schritt.
Die Bundesregierung rät wegen der Corona-Krise von allen nicht notwendigen Reisen ins Ausland ab. „Das Risiko, dass Sie Ihre Rückreise aufgrund der zunehmenden Einschränkungen nicht mehr antreten können, ist in vielen Destinationen derzeit hoch“, schrieb Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) am Sonntagabend zur Begründung auf Twitter.
Auf der Internetseite des Auswärtigen Amts heißt es weiter, es sei mit weiter zunehmenden drastischen Einschränkungen des Luft- und Reiseverkehrs, Quarantänemaßnahmen und der Einschränkung des öffentlichen Lebens in vielen Ländern zu rechnen. Änderungen der Einreise- und Quarantänevorschriften würden teilweise ohne jede Vorankündigung und mit sofortiger Wirkung erfolgen. Davon seien derzeit zahlreiche Reisende in mehreren Ländern betroffen und an der Weiter- oder Rückreise gehindert.
Rückreise wird immer schwieriger
Bisher hatte das Auswärtige Amt wegen der rasanten Ausbreitung des Coronavirus nur von Reisen in besonders betroffene Länder wie Italien oder Iran abgeraten. Eine Reisewarnung gibt es bisher nur für die chinesische Region Hubei, von wo aus sich das Virus ausgebreitet hatte. Reisewarnungen werden nur bei einer akuten Gefahr für Leib und Leben ausgesprochen und sind daher selten. Sie können eine kostenfreie Stornierung von Reisen ermöglichen.
In den vergangenen Tagen hatten immer mehr Länder ihre Grenzen für Reisende aus Deutschland dicht gemacht, unter anderem drei der acht direkten Nachbarn: Dänemark, Polen und Tschechien. Aber auch die Vereinigten Staaten, die Türkei, die EU-Partner Rumänien und Zypern sowie mehrere weitere Länder haben Einreiseverbote für Personen aus Deutschland verhängt, das inzwischen zu den am stärksten vom Coronavirus betroffenen Ländern gehört. In anderen Ländern wie Israel, Australien, Russland oder China müssen Einreisende aus Deutschland 14 Tage in Quarantäne.
Auch die Rückreise aus einigen Ländern wird immer schwieriger. Marokko zum Beispiel hat am Sonntag bis zum 31. März alle Flugverbindungen von und nach Deutschland eingestellt. Auch die Fähren nach Europa fahren nicht mehr. Mit Fahrzeug kann man laut Auswärtigem Amt nur noch über die spanische Exklave Ceuta aufs spanische Festland gelangen. Das Ministerium und die deutsche Botschaft in Rabat arbeiten nun mit den Reiseveranstaltern und den EU-Partnern mit Hochdruck daran, Rückreisemöglichkeiten zu schaffen. Die karibische Ferieninsel Dominikanische Republik setzt ab Montag für einen Monat alle Flüge von und nach Europa aus.
Tui unterbricht Großteil des Reisebetriebs
Unterdessen hat der Tourismuskonzern Tui wegen der Corona-Pandemie den überwiegenden Teil des Reisegeschäfts unterbrochen. Man habe beschlossen, „den größten Teil aller Reiseaktivitäten, einschließlich Pauschalreisen, Kreuzfahrten und Hotelbetrieb, bis auf weiteres auszusetzen“, teilte das Unternehmen in der Nacht zum Montag in Hannover mit. So wolle Tui „einen Beitrag zu den weltweiten Bemühungen der Regierungen leisten“, die Folgen der Verbreitung des Covid-19-Erregers abzuschwächen.
Vorstandschef Fritz Joussen hatte in der vergangenen Woche bereits Prüfungen angekündigt, wo angesichts schwacher Nachfrage Kapazitäten heruntergefahren werden müssen und gespart werden könne. Der Konzern hatte auch ein Schiff aus Asien zurückgeholt und mehrere Kreuzfahrtreisen abgesagt. Zudem laufen bei Tui Deutschland Gespräche mit dem Gesamtbetriebsrat zur Einführung von Kurzarbeit. „Ziel ist es, eine zeitnahe Einführung zu ermöglichen“, sagte ein Sprecher.
„In dem sich gegenwärtig schnell verändernden Umfeld bleiben die Sicherheit und das Wohlergehen unserer Gäste und Mitarbeiter auf der ganzen Welt von höchster Wichtigkeit“, begründete Tui die drastischen Schritte zum Wochenbeginn. Man habe dies entsprechend den Vorgaben verschiedener Regierungen entschieden. Zuvor hatte der Konzern schon das Reiseprogramm nach Spanien bis zum 27. März abgesagt. Was die Aussetzung großer Betriebsteile nun konkret für die Kunden bedeutet, war zunächst nicht bekannt.
Antrag auf staatliche Unterstützung
Zum Kreuzfahrtgeschäft hatte Tui Cruises zunächst erklärt, es sei keine Option, dieses komplett anzuhalten. Die Kosten für einige abgesagte Reisen würden Kunden automatisch erstattet. Wo es nötig und möglich sei, würden die Routen mit anderen Häfen angepasst. Zuvor hatte die Rostocker Kreuzfahrtreederei Aida Cruises alle Fahrten wegen der Coronavirus-Ausbreitung bis Anfang April eingestellt.
Am Freitag hatte es aus der Tui-Zentrale in Hannover geheißen, man sei mit Hoteliers weltweit in Kontakt und „prüfe sorgfältig alle Optionen des Kapazitätsmanagements“. Derzeit würden Verträge neu verhandelt, um die Kapazitätsgarantien und damit verbunden die Vorauszahlungen vorübergehend zu reduzieren. So könne man „flexibler auf die zukünftige Nachfragesituation reagieren“. Die Auswirkungen der Pandemie auf das Geschäft für Tui und die Partnerbetriebe sollten „so gering wie möglich“ gehalten werden. Nach Informationen der „Financial Times“ ist auch ein Einstellungsstopp geplant.
Der Konzern will nun Staatsgarantien zur Unterstützung beantragen, bis die normalen Abläufe wieder aufgenommen werden können. Bürgschaften für Hilfskredite gehören zu den Maßnahmen, mit denen die Bundesregierung Beschäftigung in vom Virus schwer getroffenen Branchen sichern will. Die derzeit verfügbare Liquidität gab Tui mit rund 1,4 Milliarden Euro an. Wegen der erwarteten finanziellen Belastungen traut sich das Unternehmen jedoch eine Prognose der weiteren Geschäftsentwicklung im laufenden Jahr nicht mehr zu, der Ausblick von Mitte Februar wurde zurückgezogen.
Joussen hatte gesagt, dass Tui seine Kunden und Mitarbeiter auf möglicherweise länger andauernde Folgen der Viruskrise vorbereite. Dazu gehörten „selbstverständlich“ auch Sparmaßnahmen: „Es ist schon so, dass wir Investitionen, die wir geplant hatten, zurückstellen.“ Nicht prioritäre Projekte sollen nach hinten geschoben werden.