Mit uns oder gegen uns
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Teilnehmer einer Querdenker-Demonstration stehen im November in Leipzig der Polizei gegenüber. Bild: dpa
Seit Corona ist das Land zerrissen wie lang nicht mehr – so jedenfalls kommt es vielen vor. Dabei kann Einigkeit gar nicht das Ziel sein.
Sagen die Eltern zu ihren vier Kindern: Wir wollen ja wieder unser großes Familienfest machen. Das geht aber nur, wenn ihr alle schön brav seid und eure Zimmer aufräumt. Drei der Kinder machen sich ohne Murren ans Werk, sortieren die Bücher ein, setzen die Stofftiere ins Bett. Kind vier kippt seine Spielzeugkiste im Wohnzimmer aus, setzt das Badezimmer unter Wasser, zieht die Geschwister an den Haaren und kräht: „Freiheit!“ Als die Oma auf einem Spielzeugauto ausrutscht und sich den Schenkel bricht, wissen sich die Eltern nicht mehr anders zu helfen, als hart durchzugreifen: Die Feier ist gestrichen, es gibt Stubenarrest. Für alle Kinder. Aus dem Zimmer von Kind vier dringt die ganze Nacht Geheule: „Ihr spaltet diese Familie!“
Wenn es noch etwas gibt, auf das man sich in diesem Land einigen kann, dann wäre es das: Wir sind uns nicht mehr einig. Durch Deutschland geht ein Riss, die Gesellschaft ist gespalten, Polarisierung allerorten. Am deutlichsten zeigt sich das zum Jahresende 2021 am Thema Corona. Auf der einen Seite die „Schwurbler“, die „Leerdenker“, die „Covidioten“ – auf der anderen die „Schlafschafe“ oder, halbwegs neu im Angebot, die „Rotpunktfraktion“ (mit rotem Einstichpunkt wegen der Impfung). Letztere sind klar in der Mehrheit, geredet wird über die Ersteren: Sie sind, um im Bild zu bleiben, das Kind, das die gesamte Aufmerksamkeit absorbiert, zum Leidwesen der anderen.
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