Drohende Hungersnot : Nur die Heuschrecken sind noch mobil
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Mitarbeiter des Katastrophenschutzes kämpfen in Kenia gegen einen Schwarm Wüstenheuschrecken. Bild: dpa
In Ostafrika wütet seit Monaten eine Heuschreckenplage. Die ohnehin schon katastrophale Situation wird durch das Coronavirus nun noch einmal verschärft.
Aus der E-Mail, die das Berliner Missionswerk aus Äthiopien erreichte, spricht die nackte Angst. Nur „auf des Himmels mächtige Unterstützung“ könnten die Menschen noch hoffen, schrieb Orkaido Olte von der Kirche Mekane Yesus im Süden des Landes. Zudem schickte er zwei Aufnahmen nach Deutschland: Eine zeigt unzählige Wüstenheuschrecken am Boden, die zweite einen von den Insekten befallenen Baum. „Du kannst Dir vorstellen, was danach von den Lebensgrundlagen der Bauern und Hirten übrigbleibt.“ Es herrsche „Panik im Land“.
Den Staaten des östlichen Afrikas droht eine Hungersnot, seit gewaltige Heuschreckenschwärme eingefallen sind. Der Kampf gegen Corona verschlimmert die Lage noch. In Äthiopien, schreibt Orkaido Olte, habe die Regierung Reisen im Land inzwischen verboten. Seitdem ist es den Trupps, die versuchen, die Kurzfühlerschrecken mit Pestiziden zu bekämpfen, unmöglich, an ihre Einsatzorte zu kommen. Ungehemmt vermehren sich die Insekten. Die zweite Generation könnte 500 Mal so groß wie die erste sein, wenn sie nicht bekämpft wird.
Die gefräßigen Tiere sind mobil. Ihre Jäger sind es nicht, seit die Corona-Angst die Menschen lähmt. Im Dezember hatte die Invasion der Heuschrecken begonnen. Riesige Schwärme, zum Teil 40 mal 60 Kilometer groß, zogen durch Somalia und Äthiopien, machten sich in Kenia breit, erreichten den Norden Tansanias, den Osten Ugandas und den Süden Südsudans. Sie fraßen kahl, was auf ihrem Weg lag, und zerstörten die Ernte in einer Weltgegend, in der viele Menschen zuvor schon Hunger litten.
Die schlimmste Plage seit 25 Jahren
„Zig Millionen Landwirte in Ostafrika und Südasien“ seien derzeit von der Heuschreckenplage betroffen, warnt Eilish Zembilci, Programmkoordinatorin für Nahrungsmittelsicherheit beim Washingtoner Center for Strategic and International Studies. Die Schwärme umfassten Hunderte von Milliarden Tiere, es handele sich um die schlimmste Heimsuchung, die der Osten Afrikas in den vergangenen 25 Jahren erfahren habe. Die Lage sei jetzt schon „extrem alarmierend“ – „und das Schlimmste steht uns noch bevor“.
Weil viele Länder ihre Grenzen geschlossen haben, gehen in Ostafrika die Pestizide aus. Cyril Ferrand von der Nahrungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen warnt: „Wenn wir im Kampf gegen die Plage versagen, könnten bald 24 Millionen Menschen Schwierigkeiten haben, ihre Familien zu ernähren.“ In Südafrika stecken derzeit die Hubschrauber fest, die in Ostafrika gegen die Heuschrecken zum Einsatz kommen sollten. In Kenia herrscht in den frühen Morgenstunden noch Ausgangssperre – zu einer Zeit, in der die Insekten am einfachsten zu bekämpfen sind. Zudem stehen die Pestizide nicht auf der Liste jener Güter, die in Kenia als unverzichtbar gelten und deshalb im Handel noch verkauft werden dürfen. Im Hafen von Mogadischu blieb eine Pestizidlieferung einfach liegen.