Verband über Covid-19-Gesetz : „Totenglocken für Kliniken“
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Krankenhaus-Rettungsplan: Klinikverbände kritisieren das Covid-19-Gesetz (Symbolbild). Bild: dpa
Nicht nur Klinikverbände in Rhein-Main kritisieren den Krankenhaus-Rettungsplan von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Sie fürchten Insolvenzen und Entlassungen schon von April an.
Eigentlich ist der Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn als Krankenhaus-Rettungsplan angekündigt. Die Kliniken sollen für entgangene Operationen Ausgleichszahlungen in Milliardenhöhe erhalten, heißt es darin. Doch die Kliniken halten ihn für das Gegenteil, und appellieren an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einzugreifen. Nachdem Einzelheiten des Entwurfs am Samstag bekannt wurden, meldeten sich viele Klinikchefs zu Wort, weil sie dadurch Kurzarbeit, betriebsbedingte Kündigungen und Insolvenzen befürchten.
Der Entwurf sei „eine Vollkatastrophe“ und forciere das Krankenhaussterben, hat beispielsweise der Vorstandsvorsitzende der privaten Schön-Klinik-Gruppe mitgeteilt. „Wenn dieser Plan Gesetz wird, setzt Deutschland eines der besten Gesundheitssysteme aufs Spiel und verliert letztlich den Kampf gegen das Coronavirus.“ Der Bundesverband Deutscher Privatkliniken titelt seine Pressemitteilung mit den Worten „Covid-19-Gesetz läutet die Totenglocke für Kliniken“. Alle Mitglieder seien fassungslos, dass der Moment der schwersten weltweiten Gesundheitskrise genutzt werde, um das Sterben von Krankenhäusern und Vorsorge- und Rehakliniken zu beschleunigen, heißt es darin.
Frankfurter Kliniken gefährdet
Auch Wolfgang Heyl, Geschäftsführer des Frankfurter Bürgerhospitals hat eine schlaflose Nacht hinter sich. Er hält den Sonntag für einen „ganz entscheidenden Tag im Gesundheitswesen“. Wenn der Entwurf am Montag so angenommen werde, habe er Angst selbst um die Krankenhäuser in Frankfurt, die eigentlich gut dastünden. Denn die Häuser bekämen dann noch nicht einmal das Geld, was sie im vergangenen Jahr erhalten hätten.
Auf Weisung der Bundes- und Landesregierungen waren in der vergangenen Woche von den Krankenhäusern planbare, medizinisch nicht zwingend notwendige Operationen abgesagt worden, um die Kliniken auf Corona-Patienten vorzubereiten. Heyl rechnet damit, dass deren Zahl schon Ende dieser Woche steigen wird. Der Gesetzentwurf sieht nun vor, dass die Kliniken für ausgefallene Operationen eine Erstattung von bis zu 500 Euro pro Belegungstag erhalten. Das sei nur ein Bruchteil der tatsächlichen Ausfälle, sind sich die Klinikchefs einig.
Wortbruch Spahns
Auch die Einnahmen aus Wahlleistungen und Nebenbetrieben wie Kantinen und Parkhäusern würden fehlen, merkt Heyl an. Von den Mehrkosten, die für die Behandlung der Coronakranken entstünden, würden nur die Ausgaben für zusätzliche Intensivbetten übernommen – allerdings nicht vollständig. Ein solcher Beatmungsplatz koste etwa 85.000 Euro, erstattet würden aber nur 30.000. Mehrausgaben für Schutzausrüstungen, deren Preise wegen der Krise explodiert seien, würden ebenso wenig erstattet, wie mögliche Ausgaben für den Betrieb von Ausweichquartieren. Die Gehälter der Pflegekräfte sollten zwar vollständig übernommen werden, aber erst nach einem immensen bürokratischen Aufwand.
Spahns Ankündigung, man werde in der Krise „nicht kleckern, sondern klotzen“ entpuppe sich damit als Worthülse. „Es ist schäbig, was da geschieht, die Kliniken werden komplett im Stich gelassen.“ Spätestens Ende April hätten die meisten Häuser Liquiditätsprobleme, meint Heyl.
Kompromiss war mit AOK schon ausgehandelt
Dabei wäre dies nach Ansicht von Heyl nicht nötig. Eigentlich hätte die Deutsche Krankenhausgesellschaft schon eine mögliche Finanzierung mit der Bundes-AOK ausgehandelt, berichtet der Geschäftsführer des Bürgerhospitals. Dieser sah vor, alle bürokratischen Hürden für die Zeit der Krise auszusetzen, um das Personal zu entlasten. Außerdem sollten alle Krankenhäuser die Budgets des vergangenen Jahres erhalten. Um die Liquidität zu erhalten sollten von April bis Dezember monatliche Zahlungen überwiesen werden. Zudem sollten die Kliniken für Corona-Patienten pauschal einen Zuschlag von 160.000 Euro erhalten. Spahns Entwurf sieht dafür nur 50.000 Euro vor. Wenn die Kliniken in diesem Jahr am Ende deutlich mehr Patienten als im Vorjahr behandeln müssen, sollen sie die Kosten dafür abrechnen dürfen. Bisher gibt es einen Abschlag, wenn mehr Patienten als geplant behandelt werden. Für zusätzliche Intensivbetten sollten pauschal 85.000 Euro gezahlt werden.