Aktuelle Studie : Frührentner leben kürzer
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Wer früher aufhört zu arbeiten, hat auch nicht mehr von den besten Jahren des Lebens Bild: dpa
Wer früher in Rente geht stirbt auch früher. Das hat eine Studie zweier deutscher Forscher ergeben. Die Rentenkassen werden also geringer belastet als bisher angenommen.
„Denn eins ist sicher: die Rente“, ließ Norbert Blüm, der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, 1986 auf Wahlplakate der CDU schreiben. Dass wenig so wenig sicher ist wie die Rente, hat der Wähler nicht erst jetzt gelernt, 28 Jahre später. Gelernt hat er inzwischen auch, was Demographie ist und dass die Demographen meist schlechte Nachrichten haben, nicht nur für Rentner: Die Gesellschaft altert, die Sozialsysteme kommen an ihre Grenzen.
Und jetzt die überraschende Nachricht in der neuen Ausgabe der Zeitschrift „Demografische Forschung“: Bei der Rente ist nicht einmal sicher, dass es immer nur schlechte Nachrichten gibt. Der Trend zur Frühverrentung nämlich, von dem man immer annahm, er belaste die Rentenkassen stark, ist gar nicht so schlimm. Herausgefunden haben das die deutschen Forscher Stephan Kühntopf vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung in Wiesbaden und Thusnelda Tivig vom Rostocker Zentrum zur Erforschung des Demografischen Wandels.
Auf die heute Situation nicht übertragbar
Die beiden untersuchten die Daten aller deutschen Rentner von 2003 bis 2005. Von den Männern hörten 21,1 Prozent und von den Frauen 38,1 Prozent schon mit 60 Jahren zu arbeiten auf; nur 25 Prozent der Männer und 31,2 der Frauen arbeiteten bis zum Schluss. Das mittlere Renteneintrittsalter der Männer und Frauen lag bei 61,6 Jahren. Legt man die durchschnittliche Lebenserwartung zugrunde, scheint die Rechnung klar: Früher Rentenbeginn belastet die Rentenkassen stärker als später Rentenbeginn. Kühntopf und Tivig wollten es aber genau wissen. Die „Demografische Forschung“ formuliert die Leitfrage der Forscher so: „Aber leben die Menschen, die - vielfach aus gesundheitlichen Gründen - bereits mit 60 Jahren in Rente gehen, wirklich ebenso lang wie jene, die bis 65 arbeiten?“
Tun sie nicht, lautet das Ergebnis, das die Rentenkassen schont. Männer, die schon mit 60 Jahren aufhören zu arbeiten, haben gegenüber jenen, die bis 65 arbeiten, eine merklich verringerte Lebenserwartung. Eine Berechnung der Forscher zum Beispiel besagt: Die Wahrscheinlichkeit, schon vor dem 72. Geburtstag zu sterben, ist unter den Empfängern einer Altersrente am höchsten bei Männern, die schon mit 60 Jahren in Rente gingen und davor mindestens vier Monate krank waren, und am niedrigsten bei Männern, die mit 64 Jahren aufhörten zu arbeiten und davor niemals ernsthafte gesundheitliche Probleme hatten. Frühverrentung belastet die Rentenkassen geringer als bislang angenommen.
Heute gilt die Rente mit 67, und Stephan Kühntopf sagt, dass die Ergebnisse nach den rentenrechtlichen Änderungen seit 2005 nicht auf die heutigen Verhältnisse übertragen werden können. Aber anregend genug für eine neue Studie sind sie allemal.