Gerichtsentscheid : Islamunterricht startet an Berliner Schulen
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Bisher nicht möglich: Islamunterricht an Schulen Bild: ZB - Fotoreport
Nach jahrelangem Gerichtsstreit gibt es nun an zwei Berliner Schulen islamischen Religionsunterricht. In den Augen vieler kein Grund zur Freude.
Das neue Schuljahr in Berlin dürfte für Schulsenator Klaus Böger (SPD) nicht zufriedenstellend begonnen haben. Nach jahrelangem Ringen und gegen den heftigen Widerstand der Schulverwaltung konnte die Islamische Föderation einen Erfolg für sich verbuchen: Ab Montag darf sie per Gerichtsurteil an zwei Berliner Schulen Religionsunterricht erteilen.
Nach Bögers Ansicht sind die Inhalte des geplanten Islam-Unterrichts nicht verfassungskonform. Wesentliche Prinzipien sind darin laut Schulverwaltung nicht umgesetzt. Das betreffe die Befähigung zur eigenen Entscheidung und zur freien Entwicklung des Gewissens sowie die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Der Verfassungsrechtler Rupert Scholz (CDU) befürchtet „fundamentalistische Ausuferungen“ und hat dem Land Berlin empfohlen, notfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen.
Schulverwaltung darf keinen Einfluss auf Religionsunterricht nehmen
Das geltende Berliner Schulgesetz jedoch läßt keinen Zweifel an der Zuständigkeit. In Paragraf 23 heißt es, der Religionsunterricht sei Sache der Kirchen, Religions- und weltanschauungsgemeinschaften. Dementsprechend auch das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin: Die Richter haben der Schulverwaltung das Recht abgesprochen, die inhaltliche Konzeption des Unterrichts zu beurteilen.
Die Islamische Föderation ist umstritten, weil sie als extremistisch eingestuft und vom Berliner Verfassungsschutz beobachtet wird. Bisher aber offenbar ohne Befund. Das Oberverwaltungsgericht sagte in seinem Urteil, es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass der Unterricht von den staatlichen Bildungszielen abweiche.
Politischer Missbrauch durch die Islamische Föderation?
Trotzdem befürchtet der Türkische Bund in Berlin-Brandenburg einen Missbrauch für politische Zwecke und fordert, den Streitpunkt zur Chefsache zu machen. Auch die Kirchen können sich mit dem neuen Konzept nicht so richtig abfinden: Sie favorisieren das sogenannte Begegnungsmodell, das konfessionellen Unterricht und Ethik als ordentliche Lehrfächer vorsieht und islamischen Unterricht integriert. Die Inhalte des Unterrichts stünden dann unter staatlicher Schulaufsicht und wären nicht Sache der Islamischen Föderation.
Die Schulverwaltung hatte den Antrag der Islamischen Föderation seit 1980 immer wieder zurückgewiesen. Sie argumentierte zunächst mit mit der Begründung, der Verein sei keine Religionsgemeinschaft. Als der Föderation im November 1998 vom Oberverwaltungsgericht dieser Status endgültig zugesprochen wurde, beanstandete die Behörde die Lehrpläne.