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Narzissen : Die Frühlingsbotin

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Eine der ältesten Kulturpflanzen

Narzissen zählen zu den ältesten Kulturpflanzen überhaupt. Sie standen bei den Griechen hoch im Kurs, und dem Propheten Mohammed wird der Ausspruch zugeschrieben: „Wer zwei Brote hat, verkaufe eines und kaufe dafür Narzissenblüten. Denn Brot ist die Nahrung des Leibes, aber Narzissen sind die Nahrung der Seele.“ Im Altertum galten sie als Symbol des Todes: Hades, Gott der Unterwelt, entführte Persephone, die Tochter der Göttin Demeter, beim Pflücken einer Narzissenblüte als seine Frau in die Unterwelt. Seitdem trug Hades einen Narzissenkranz auf seinem Haupt, die Blumen wurden zu Totenkränzen gewunden oder auf Gräber gepflanzt. In Ägypten legte man Mumien Schalen von Narzissenzwiebeln auf Augen, Mund und Nase. In der christlichen Religion hingegen steht die Narzisse seit dem Mittelalter für die Auferstehung Christi und die Verheißung ewigen Lebens. Also auch eine Form der Seelen-Nahrung.

Zart leuchtendes Gelb mit gekräuselter Trompete: die Sorte „Carlton“ Bilderstrecke
Zart leuchtendes Gelb mit gekräuselter Trompete: die Sorte „Carlton“ :

Die zarten Blumen sind Zwiebelpflanzen, gehören botanisch zur Familie der Amaryllisgewächse; und damit man sich im Frühling an ihnen erfreuen kann, müssen sie im Herbst, bitte vor dem Frost, in die Erde gesteckt werden. Über die Zahl der Arten streiten selbst Experten, sie schwankt zwischen 60 und 85. Als Gartennarzisse gelangten die Wildformen aus ihrer ursprünglichen Heimat des südwestlichen Europas – gemeinsam mit Tulpen und Hyazinthen – zwischen 1560 und 1620 nach Nordeuropa. Im berühmten Renaissance-Garten „Hortus Eystettensis“ in Oberbayern wurden um 1613 bereits über 40 Sorten gezählt. Im Gemälde „Blumenstrauß“ von 1612 (heute in der Sammlung des Fürstentums Liechtenstein) des niederländischen Barockmalers Roelant Savery prangt inmitten eines üppigen Stilllebens die Dichter-Narzisse. Sie ist bis heute eine der Beliebtesten: Narcissus poeticus var. Recurvus betört mit weißen sternförmigen Blüten, mittig strahlt ein feinst plissierter, winziger gelber Rock, rot gesäumt. Obendrein duftet diese Preziose. Eine ideale Alternative für alle, die Gelb im Garten nicht leiden können. Denn Narzissen sind mitnichten nur gelb in allen Variationen. Es gibt hinreißend elegante weiße Sorten, zum Beispiel ’Ice Wings‘, die schneeweiße duftende Diva ’Albus Plenum Odoratus‘, schon vor 1860 in Kultur, oder die großblütige ’Mount Hood‘.

Zucht begann in England

Die Kultursorten sind geradezu explodiert, liegen derzeit geschätzt bei 25.000. Die Zucht begann allerdings nicht in Holland, dem heutigen Hauptanbaugebiet, sondern in England. William Herbert, ab 1840 Dekan der Kathedrale von Manchester, war nebenbei leidenschaftlicher Botaniker und begann mit der Kreuzung von Narzissen. Seine Forschungsergebnisse – etliche entdeckte Narzissen waren schon Hybriden, also keine reinen Arten – teilte er seinem berühmten Landsmann Charles Darwin mit. Eine Sensation, ja fast ein Sakrileg, unterstützte da doch ein Geistlicher die Evolutionstheorie.

Weggenossen, die sich zeitgleich neuen Sorten widmeten, waren im Hauptberuf Börsenmakler wie Edward Leeds, Banker wie William und Robert Backhaus oder Soldat wie der Schotte Major Ian Brodie. Der schottische Samenhändler Peter Barr stöberte als „Plant Hunter“ wilde Narzissen-Schönheiten auf. Zu den bekanntesten Züchtungen Barrs, zu Lebzeiten „König der Narzissen“ genannt, zählt ’Queen of the North‘ von 1908, eine kleine hellgelbe Krone glänzt zwischen fast weißen, großen Blütenblättern. Etliche dieser historischen Züchtungen sind auch heute noch im Handel, Nahrung für Seele und Auge.

Wo die Narzissen blühen

  1.  Der Garten von Martin Lucenz und Klaus Bender ist Ostermontag, den 17. April, geöffnet. Weitere Öffnungszeiten: www.lucenz-bender.de, Mühlenstraße 6, 47551 Bedburg-Hau. In ihrem Buch „Ein Garten ist niemals fertig“ (Callwey) widmen sie sich in einem von zehn Kapiteln ausführlich der Narzisse.
  2. Der Nationalpark Eifel (nahe Monschau) besitzt die letzten großen Refugien gelber Wildnarzissen (unter Naturschutz). Bei – auch geführten – Wanderungen kann man bis Anfang Mai das Naturschauspiel von zehn Millionen Blüten bewundern: www.nationalpark-eifel.de
  3. Zum Narzissenfest vom 21. bis 23. April blühen auf Hof Hilligenbohl 100 000 Narzissen in 100 Sorten: Norderster Weg, 25899 Kleiseerkoog, zwischen Dagebüll und Niebüll, www.hilligenbohl.de
  4. Wer die Narzissenblüte in Deutschland verpasst hat: Der „Hortus Bulborum“ in Limmen (Holland) ist mit über 4000 diversen Frühlingszwiebel-Gewächsen – Tulpen, Narzissen, Hyazinthen – eine Schatzkammer vor allem historischer Sorten. Geöffnet an Wochenenden bis 16. Mai, www.hortus-bulborum.nl 
  5. Im Ausseer Land (Salzkammergut) findet vom 20. bis 28. Mai das 58. Narzissenfest mit Bootskorso und Wahl der Narzissenkönigin statt, www.narzissenfest.at

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