Flughafen Paris-Orly : 23 Jahre alter Computer legt Flugbetrieb lahm
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Am Boden: Flugzeuge der Air France am Flughafen Paris-Orly. Bild: AFP
Wegen eines Fehlers bei der Übermittlung von Wetterdaten kommt der Flugbetrieb in Paris-Orly für einige Stunden zum Erliegen. Grund war eine Computerpanne mit dem Betriebssystem Windows 3.1 – dem Vorläufer von Windows 95.
Never change a running system. Die alte Bauernregel aus der IT-Branche wird oft falsch ausgelegt. Eigentlich besagt sie, dass ein System nicht geändert werden sollte, wenn es gerade ausgeführt wird. Die Variante für Faule geht so: Solange etwas funktioniert, sollte man besser die Finger davon lassen – ehe bei der Aktualisierung noch etwas kaputt geht.
Ein gutes Beispiel ist der Flughafen Paris-Orly, der kleine Bruder von Charles de Gaulle, auf dem 2014 mehr als 28 Millionen Passagiere abgefertigt wurden. Dort stand jetzt am 7. November für mehrere Stunden alles still, weil das „Decor“-System abgestürzt war, ein Computer, mit dessen Hilfe die Flugsicherung bei schlechtem Wetter die Pistensichtweite für Start und Landung an das Cockpit durchgibt. Er läuft auf Windows 3.1, dem Vorläufer von Windows 95, und ist mittlerweile 23 Jahre alt. Windows 3.1 war das erste System, auf dem sich „Minesweeper“ spielen ließ.
Über den Vorfall berichtete zunächst das Satireblatt „Le Canard Enchaîné“. Alexandre Fiacre, Generalsekretär der Französischen Flugsicherungsgewerkschaft UNSA IESSA und Systemadministrator am Flughafen Orly, bestätigte den Vorfall gegenüber der Zeitschrift „Vice“. Viele Computer des Betreibers Aéroports de Paris liefen auf dem ebenfalls veralteten Windows XP, andere mit Unix, alle „zwischen 10 und 20 Jahre alt“. Alte Computer müssen nicht unbedingt ein Sicherheitsrisiko darstellen, im Gegenteil. So berichtete der Sender CBS im vergangenen Jahr, dass das amerikanische Atomwaffenarsenal noch mit Disketten gesteuert wird und sie auch in absehbarer Zeit nicht ausgetauscht würden, weil das System „sehr sicher vor Angriffen von außen“ sei. Am Internet hänge es ohnehin nicht. Manche der Nasa-Computer sind 40 Jahre alt und werden im Rahmen des Voyager-Programms noch heute genutzt.
In Paris gibt es aber ein Problem: Kaum einer kennt sich noch mit „Decor“ aus, einer der drei Wartungstechniker geht 2016 in den Ruhestand. Die Suche nach einem Nachfolger blieb erfolglos. „Diese Computer sind nicht darauf ausgelegt, länger als 20 Jahre zu laufen“, sagt Fiacre. Ersatzteile müssten die Mitarbeiter bei eBay ersteigern. Doch eine Wende zeichnet sich ab. In zwei Jahren sollen die Systeme aktualisiert werden, sagte Frankreichs Verkehrsminister Thierry Mariani. Fiacre bezweifelt das. Es könne frühestens 2019 mit neuer Software gerechnet werden, vielleicht erst 2021. Heute kann aber erst einmal gefeiert werden: Am 20. November wird Windows 30 Jahre alt.