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Feierliche Gedenkstunde : Trier rehabilitiert Opfer von Hexenverfolgung

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Im 16. Jahrhundert ist in Trier mehr als ein Fünftel der Bevölkerung wegen Hexerei hingerichtet worden. Nun rehabilitiert die Stadt die Opfer der Inquisition.

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          Zu den deutschen Städten, die als Hexen hingerichtete Männer und Frauen rehabilitiert haben, gehört seit Mittwoch auch Trier. Bei der feierlichen Gedenkstunde zur Erinnerung an die Opfer der Hexenverfolgung ehrte die Stadt auch den Jesuitenpater Friedrich Spee (1591-1635), einen entschiedenen Gegner der Hexenprozesse, der in Trier starb und dort begraben liegt. Zu den bedrückendsten Kapiteln der Stadtgeschichte zählt nach Angaben der Stadt die frühe Neuzeit, als Trier im deutschen Reich für seine Hexenprozesse bekannt war. Ihnen fielen Hunderte Menschen zum Opfer.

          Die Friedrich-Spee-Gesellschaft wies bei der Feier darauf hin, dass auch heute bestimmte gesellschaftliche Gruppen dämonisiert würden. Die von Spee aufgestellten rechtsstaatlichen Prinzipien seien zwar international anerkannt, dennoch werde etwa im Kampf gegen den Terrorismus auch Folter eingesetzt, sagte Gunther Franz, Ex-Vorsitzender der Friedrich-Spee-Gesellschaft, am Mittwochabend in Trier. Dass durch Folter keine Schuld oder Unschuld herauszufinden sei, habe Spee schon vor 400 Jahren festgestellt.

          Spee hatte die in seiner Streitschrift „Cautio criminalis seu de processibus contra Sagas Liber“, zu deutsch etwa „Rechtliche Bedenken bei Verbrechen oder Buch über die Prozesse gegen Hexen“, die Menschenrechte der unzähligen Gefolterten und Getöteten eingeklagt und eine faire Gerichtsbehandlung gefordert. Er betonte die Unschuldsvermutung bis zum Beweis des Gegenteils, die Information des Angeklagten über seine Rechte und die gegen ihn erhobenen Vorwürfe, die Bestellung eines Verteidigers möglichst nach seiner Wahl - und die komplette Abschaffung der Folter. „Es muss gänzlich mit der Hexeninquisition aufgehört werden - so ein Verfahren ist immer ungerecht und rechtswidrig“, forderte Spee.

          Spee, der 1635 bei der Pflege kranker Soldaten in Trier starb, war nach Angaben von Franz auf vielen Gebieten erfolgreich: als Verfechter von Menschenrechten, Dichter bekannter Kirchenlieder, Prediger und Autor eines Seelsorgebuchs für Frauen.

          Nach Angaben des evangelischen Pfarrers Hartmut Hegeler aus dem nordrhein-westfälischen Unna haben bisher 25 deutsche Städten die Opfer von Hexenverfolgung rehabilitiert. Nach Expertenschätzung wurden bei den Hexenverfolgungen allein auf dem Boden des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation etwa 25.000 Menschen getötet. In Trier waren allein gegen Ende des 16. Jahrhunderts rund 400 Menschen, ein Fünftel der damaligen Bevölkerung, wegen Hexerei hingerichtet worden.

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