Japan : Mein Name sei Gleichberechtigung
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Will ihren Namen: Mizuho Fukushima, Chefin der Sozialdemokraten Bild: REUTERS
In Japan herrschen starre Strukturen der Rollenverteilung. Jetzt fordern einflussreiche Frauen, dass sie nach der Hochzeit ihren Familiennamen behalten dürfen – und ziehen vor Gericht.
Vor elf Jahren heiratete Ernie Kayama ihren Partner. Schon damals hatte die japanische Journalistin Bedenken – nicht wegen des Manns, sondern wegen des Namens. In Japan darf ein Ehepaar nur einen Nachnamen haben. Ernie Kayama dachte, sie könne offiziell den Namen ihres Manns und im Arbeitsleben ihren Namen tragen. Doch bald musste sie erkennen, dass das ein Irrtum war, dass sie doch immer seinen Namen angeben musste.
„Mein Name ist außergewöhnlich und Teil meiner Identität“, sagt sie. Deshalb ließ sie sich nach zwei Jahren scheiden. Jetzt lebt sie seit Jahren mit ihrem geschiedenen Mann zusammen. „Es ist schon etwas merkwürdig“, sagt sie. „Oft fragen uns Bekannte, ob wir noch immer im Scheidungsprozess sind.“ Das Zusammenleben ohne Trauschein hat auch Nachteile: Es gibt keine Steuervergünstigungen wie für Ehepaare und kein Erbrecht für die Partner. Kinder gelten als unehelich und müssen vom Vater adoptiert werden.
Name oder Hochzeit
Seit Jahrzehnten fordern vor allem berufstätige Frauen eine Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches, so dass nach der Heirat beide Ehepartner ihren Familiennamen weiterführen können. Die derzeitige Regelung sieht vor, dass der Name der Frau oder des Manns als Familienname zu wählen ist, Doppelnamen sind nicht gestattet. Gut 97 Prozent aller Paare wählen den Namen des Manns – das entspricht der Tradition, nach der die Frau in die Familie ihres Partners einheiratet. Der Name der Frau wird meist nur dann gewählt, wenn sie aus dem Adel kommt. In den Jahrzehnten der Herrschaft der Liberaldemokratischen Partei, in der die Männer das Kommando hatten, fand das Vorhaben der „zwei Familiennamen“ kaum Unterstützer in der Politik. Umso mehr gab es Hoffnung, als im Jahr 2009 die Demokratische Partei (DPJ) siegte, die im Wahlkampf versprochen hatte, dass das Recht geändert werden sollte. In der ersten Koalitionsregierung der DPJ unter Ministerpräsident Yukio Hatoyama wurde sogar Mizuho Fukushima, eine Kämpferin für die Sache, zur Ministerin für Gleichstellung und Verbraucherschutz ernannt.
Auch Mizuho Fukushima, als Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei eine der wenigen prominenten Politikerinnen Japans, lebt mit ihrem Partner seit Jahren unverheiratet zusammen. Als Anwältin und Abgeordnete hat sie sich einen Namen gemacht, den sie wegen ihrer Heirat nicht aufgeben wollte. „Ich bin froh, dass ich stur geblieben bin“, sagt sie in ihrem Abgeordneten-Büro im Tokioter Regierungsviertel Nagatacho. „Ich hätte es bereut, meinen Namen verloren zu haben.“
Auch die damalige Justizministerin der Demokratischen Partei war eine Befürworterin der neuen Namensregelung. Die Chancen für eine Änderung schienen also groß. Doch in der DPJ gab es Widerstand gegen die Reform. Und ein Koalitionspartner, die Neue Volkspartei mit ihrem Vorsitzenden Shizuka Kamei, stellte sich quer: zwei Familiennamen – das zerstöre die Familien und entspreche nicht der Tradition.
„Wir konnten uns im Kabinett nicht einigen“, sagt Mizuho Fukushima. Also blieb alles beim Alten. Unter Yoshihiko Noda, dem dritten Ministerpräsidenten der DPJ, steht das Thema nicht mehr im Vordergrund. Die Politiker der Demokratischen Partei, die gegen ein von der Opposition beherrschtes Oberhaus regieren, vermeiden es, mit kontroversen Themen noch mehr Debatten zu eröffnen. „Wir sind so enttäuscht“, sagt Mieko Mirai, eine Japanerin, die ihren Partner gar nicht erst heiratete, sondern mit ihrem Freund einen Brief an die Eltern schrieb, in dem es heißt, dass sie ohne Trauschein zusammenziehen wollten, so dass sie ihren Familiennamen behalten konnte.